7. März 2009

Fleur-de-lys oder Fleur-de-lis

In der christlichen Symbolik bezeichnet es die Dreifaltigkeit. Im politischen Bereich steht das Liliensymbol für Frankreich und insbesondere die französische Monarchie.
Die Experten streiten sich darüber ob das Symbol tatsächlich von einer Lilie oder von einer Iris abgeleitet ist, denn jedes der beiden Zeichen hat ihren eigenen symbolischen Gehalt.
Die wörtliche Übersetzung des Begriffs lautet „Blume der Lilie“. Doch bei der Lys handelt es sich eindeutig um die Iris. Üblicherweise ist Fleur-de-lis in der Tradition der französischen Heraldik gelb, und Gelb ist die natürliche Farbe der Iris, wohingegen die Lilie traditionell weiß ist, besonders in der Heraldik. Als weitverbreitetes heraldisches Symbol besteht Fleur-de-lis aus drei an Blütenblättern erinnernde Formen, die durch einen kleinen horizontalen Balken zusammengehalten werden.
König Ludwig VI. der Dicke dürfte es auch gewesen sein, der das blaue Linienbanner als Symbol Frankreichs erstmals eingesetzt hat. Die zahlreichen heraldischen Lilien waren zunächst auf blauem Tuch verteilt. Allmählich wurde die Anzahl aus praktischen Gründen auf drei reduziert und spätestens seit König Karl V. diese Anzahl offiziell festgelegt und die Heilige Dreifaltigkeit damit verbunden.
Entscheidender ist aber die fundamentale Bedeutung des Lilienbanners: Der Mantel des Heiligen Martins und die Oriflamme hatten, als Original oder im Laufe der Zeit erneuerte Kopie, nur als Einzelstück ihre Wirkung - vergleichbar einer Reliquie. Dem gegenüber steht das Lilienbanner als Hoheitszeichen. Nicht die Fahne als Einzelstück steht im Vordergrund, sondern die Lilie als Symbol für König und den Staat Frankreich.






Die Reliquie des Heiligen Martin
Martin von Tour (316/317-397), der zunächst Missionar von Gallien, später Schutzpatron des Frankenreichs unter den Merowingern war, hatte der Legende nach seinen Mantel mit einem Bettler geteilt. Der Merowingerkönig Chlodwig I. (482-511) suchte nach Reliquien, ließ um 500 das Grab Martins öffnen und bewahrte den Mantel in einem tragbaren Schrein auf. Fortan wurde dieser bei den Schlachten der Frankenkönige mitgeführt. Dies ist erstmals 507 in der Schlacht von Vouillé belegt, in der die Franken die Westgoten entscheidend geschlagen haben. Der Mantel, oder stellvertretend einfarbige Fahnen in Blau, galten nun als Siegeszeichen. Die überragende Bedeutung zeigt sich in dem eigens errichteten Schrein, von dem sich das Wort Kapelle, von lateinisch cappa oder capella von Mantel, ableiten lässt.
Auch das Geschlecht der Kapetinger hat ihren Namen von der Mantelreliquie, Der blaue Mantel verlor seine Bedeutung als Siegeszeichen im Jahre 1356, als das französische Ritterheer in der Schlacht von Maupertuis von den Engländern vernichtend geschlagen wurde und in deren Hände fiel. Über den weiteren Verbleib ist nichts bekannt.

Die Oriflamme
Eine weitere bedeutende Rolle in der Flaggengeschichte Frankreichs spielte die rote Fahne von Karl des Großen. Diese wurde im Jahre 800 von Papst Leo III. anlässlich seiner Kaiserkrönung in Rom überreicht. Das genaue Aussehen dieser Fahne ist nicht bekannt. Vermutet wird ein für das Frühmittelalter üblicher Fahnentyp, dem Gonfanon. Aufgrund der rot-goldenen Farbe, die möglicherweise Rosen enthielt, und den länglichen Zipfeln, wird die Fahne Oriflamme (lat. auri flamma Goldflamme) genannt. Die Fahne Karl des Großen ähnelt vermutlich der Oriflamme, welche Dionysius von Paris (3. Jhdt) zugeschrieben wird und dessen Recht zu führen bei den Grafen von Vexin lag. König Philipp I. erwarb diesen Titel und sein Sohn König Ludwig VI. der Dicke, wählte 1124 die Oriflamme als Kriegsfahne. In vier Kreuzzügen und siebzehn weiteren Kriegen wurde diese Fahne geführt und erklärt möglicherweise das rote Kreuz, das französische Kreuzfahrer als Zeichen trugen. Wie der Mantel des Heiligen Martins, endete jedoch die Tradition mit einer verlorenen Schlacht gegen England, die 1415 als Schlacht von Azincourt in die Geschichte einging.

22. Februar 2009

Die Freimaurer und die Revolution


Herzog Franz Stephan von Lothringen, der Vater von Marie Antoinette wurde am 14, Mai 1731, in den Den Haag den damaligen österreichisch Niederlanden in die Freimauerei aufgenommen. 1742 erfolgte die erste Logengründung in Wien. Es waren Aristokraten, die freimaurerisches Gedankengut aufnahmen und die Freimauerei verbreiteten.
Der Papst erließ am 28. April 1738 eine Bulle mit der er die Freimaurerei als Sekte verdammte.
Franz Stephan hielt seine schützende Hand über die Freimaurer und sein Verhaltungsbefehl für das Habsburgerreich lautete: „Man sollte die Bulle zwar annehmen, aber sie weiter nicht in Ausübung setzten.“

Die Kaiserin Maria Theresia erließ 1766 und 1767, Verbote gegen die Freimaurer die aber praktisch nicht angewendet wurden.
Auch der Sohn und Kaiser, Joseph II. hatte im Umgang mit den Freimaurern ein sehr offenes Verhältnis. Viele bedeutende Männer waren im Dienst der Habsburger und die Ideale der Freimaurer fanden in Österreich des 18 Jhdt. ihren Durchbruch.
Kaiser Joseph II. war nie Freimaurer gewesen hat aber in Zusammenarbeit mit der damaligen Großlogenführung am 11. Dezember 1785, eine Anordnung erlassen die die Freimauerei unter seinen Schutz stellte.
Mit dem Ausbruch der Revolution wurden die Freimaurere in Österreich nicht so wohlwollend wie davor behandelt.

In Frankreich ging die Freimauerei einen anderen Weg. Die katholische Kirche ging offen gegen Freimauerei vor und versuchte stets, auch den Staat zu Maßnahmen gegen Freimaurer zu veranlassen. Die Freimaurerei befand sich meist in defensiver Position, woraus sich kämpferische Energien entwickelten. Von Harmonie mit den Mächtigen konnte keine Rede sein.
Hinzu kam der Kampf gegen den Absolutismus mit dem Höhepunkt der Französischen Revolution, der ein weiteres dynamisches Element darstellte, von dem die Freimauerei nicht unberührt blieb. Sie hat seitdem stets die Gesellschaft in ihre Humanitätsvorstellungen einbezogen und einen politischen und kämpferischen Geist entwickelt. Die Freimauerei wurde früh zu einem Sammelort der geistigen Ströme in Frankreich. Teile des Bürgertums und des Adels fühlten sich angezogen. Einzelne bekannte Freimaurer traten offen mit geistigen Konzeptionen in Erscheinung und setzten sich für die Menschenrechte, für Gewaltenteilung im Staat und für Demokratie ein. Als solche wären zu nennen: D’Alembert, Diderot, Beaumarchais, Chenier, Danton, Helvetius, Baron Holbach, Lafayette, Montesquieu, La Rochefoucauld, Abbé Siéysès, Talleyand, Voltaire und viele andere.
Die Freimaurerlogen strebten Veränderungen an, aber gewaltlos. Dass sie direkt die Französische Revolution vorbereitetet haben und an ihr beteiligt waren – ist unrichtig. Wohl waren einzelne Freimaurer auch Jakobiner und Revolutionäre, aber sie waren es dann als Einzelpersonen.
Nach manchem wechselvollen Schicksal ist die Freimaurerei in Frankreich heute dreigeteilt:

Grande Loge Nationale Francaise in Neuilly-sur –Seine.
1913 gegründet und als einzige von der United Grand Lodge in England anerkannt. Gegründet durch Engländer auf englische Anregung hin, Sie umfassen 3 000 – 4 000 Mitglieder.

Grande Loge de France in Paris
Wurzeln gehen in die Zeit vor der Französischen Revolution zurück. Aus formalen Gründen von der United Grand Lodge in England nicht anerkannt. Sie erkennt das Prinzip des Allmächtigen Baumeister* aller Welten an und legt erneut die Bibel auf. Sie zählt an die 15 000 Mitglieder.

Grand Orient de France in Paris
1772 gegründet. Sie verwendet das Symbol des Allmächtigen Baumeisters* alle Welten nicht und legt nicht die Bibel auf. Ein weißes Buch wird stattdessen verwendet. Von der United Grand Lodge in England wir sie nicht anerkannt. Sie umfasst 28 000 Mitglieder.

Text von Horst Kischke und Hellmut Andics



Die Französische Deklaration der Menschenrechte mit dem Freimaurerzeichen, "das allsehenden Auge"

*Als Symbol oder Prinzip „des Allmächtigen Baumeisters aller Welten“ ist zu verstehen, daß die genannten Logen die monotheistischen Glaubenslinie mit den drei großen Weltreligionen anerkennen.

16. Februar 2009

Pierre de Ronsard


A MARIE STUART
Royne d’Escosse
Sonnet

Encores que la mer de bien loin nous separe ,
Si est-ce que l’esclair de vostre beau Soleil ,
De vostre œil qui n’a point au monde de pareil,
Jamais loin de mon cœur par le temps ne s’esgare

Royne , qui enfermez une Royne si rare ,
Adoucissez vostre ire , et changez de conseil!
Le Soleil se levant et allant en sommeil
Ne voit point en la terrre un acte si barbare .

Peuple , vous forligenz , aux armes noncholant
De voz ayeuz Renault , Lancelot et Rolant,
Qui prenoient d’un grand cœur por les Dames querelle,

Les gardoient ; les sauvoient : où vous n’avez François,
Ny osé regqrder ny toucher le harnois
Pour oster de servage une Royne si belle.



AN MARIA STUART
Königin von Schottland
Sonett

Obwohl uns trennt das weite, tiefe Meer,
Kann Eurer Augensonnen reines Licht,
Dem nichts auf diesem Erdenrund entspricht,
Doch meinem Herzen fern sein nimmermehr.

Weh, Königin, die eine andere Ihr
Gefangen haltet, ändert Euren Sinn!
Die Sonne kennt, so weit sie wandelt hin,
Nicht schlechtre Tat auf dieser Erde hier.

Volk, du vergißt, den Waffen nimmer hold,
Die Taten Roland, Lanzelots, die noch
Kampffroh für edel Frauen traten ein,

Sie zu beschützen. Ihr Franzosen doch
Ja Waffen weder sehn noch führen wollt,
Um aus der Schmach Maria zu befrein.




Pierre de Ronsard
Ronsard (geb. 1524 auf Schloss La Poissonière, gest. 1585 in Saint-Cosme-lès-Torus) ist das Haupt ders Dichterkreises der Pléiade und Poeta laureatus seiner Zeit; Verschiedene Könige protegierten ihn, und Dichter wie Tasso bezeugten im ihre Verehrung. – Alter von zehn Jahren trat er als Page in den Hofdienst. Als Begleiter verschiedener Fürsten oder als Gesandter unternahm er große Auslandsreisen. Durch die Krankheit wurde Ronsard schwerhörig und mußte den Hofdienst verlassen. Nun studierte er die antiken Sprachen und Literatur und begründete mit jungen Dichterfreunden die „Brigade“, aus der sich der Dichterkreis „Pléiade“ entwicklete. Ein Jahr nach dem Erscheinen von du Bellays „Defense et Illustration de la Langue Française“ veröffentlichte er als erster Oden in französischer Sprache, die sogleich großes Aufsehen erregten, dann in rascher Folge die Sammlungen „Amours“, „Le Bocage“ und „Hymnes“. 1573 erschien die unter dem Einfluß Homers und Tassos entstandene „Fraciade“, mit der er den Versuch machte, das Versepos in Frankreich einzuführen. Etwa zehn Jahre vor seinem Tode begann sein Ruhm zu verblassen: Die Zeitgenossen bevorzugten die weniger kunstvolle Lyrik von Desportes. Ronsard verbrachte seine letzten Lebensjahre in derr Zurückgezogenheit eines Klosters. – Erst im 19. Jhdt. Wurde Ronsard durch die Romantiker, insbesodere Sainte-Beuve, wieder zur Geltung gebracht.

Texte nach: Oeuvres complétes des Rosard, hrsg. Von H. Vaganay, 1923 ff., Sonnet Homère aus dem Pièces restanchéses nach:Ouevres de Pierre de Ronsard, hrsg, von Ch. Marty- Laveaux, 1887 ff. (Pléiade Françoise). Sonett „Mignonne, levez-vous“ nach: Oeuvres complétes de Pierre de Ronsard, rsg. Von Prosper Blanchemain, 1857

14. Februar 2009

Marie Antoinette - die kleine Königin?




Le tableau montre à mon avis, Madame Clotilde de Borbón.*

Oben gezeigtes Bild soll angeblich die junge Marie Antoinette zeigen.
Catherine Delors die Schriftstellerin von „Mistress of the Revolution“ hat diese Bild der bei der großen Marie Antoinette Ausstellung 2008 gesehen und hat Zweifel geäußert, dass das Portrait Marie Antoinette darstelle.
Der Maler Lié Louis Périn-Salbreux hat einige Mitglieder des Französischen Könighauses gemalt und war ein bekannter Miniaturenmaler. Das Entstehungsdatum des Bildes reicht von Anfang 1770 bis 1776 und ich vermute der Künstler hat geraume Zeit an diesem Bild "herum getrödelt" und die zu malende Person geändert.

Meiner persönlichen Meinung zeigt das Gemälde, Madame Clotilde de Bourbon (Geb. 1759). Eine jüngere Schwester von Louis Auguste.
Die jüngere Schwester, die 1775 mit Louis Ferdinand von Sardinien und Piemont verheiratet wurde, war am Französischen Hof nicht sehr bekannt und das Gemälde, das sie in großer Garderobe zeigt könnte anlässlich ihrer Hochzeit, oder kurz danach entstanden sein. Auch die gezeigte Tiara ist mir als Schmuck der Königin Marie Antoinette unbekannt.
Der Titel "die kleine Königin" beschreibt die jüngere Clotilde, und das kleine Königreich Piemont – Sardinien.
1776 hätte der Titel "la Petit Reine", weder Marie Antoinette noch Frankreich richtig beschrieben.

* Laut des Katalog, des großen Marie Antoinette Ausstellung, von 2008 Seite 165 und 165 zeigt das Gemälde die zweitjüngste Tochter Sophie, von Louis XV. im Alter von 44 Jahren und nicht Madame Clothilde.

5. Februar 2009

Arneth und Marie Antoinette


Endlich, nach langem warten und suchen ist mir ein gutes Exemplar dieses Buches in die Hände gefallen, und ist jetzt mein Eigentum.

Alfred von Arneth hat im 19. Jhdt als Hofarchivar des K.K. Hofarchives die Briefe von Marie Antoinette veöffentlicht. Ich besítze jetz eine vermehrte Ausgabe mit Briefen von Abeé Vermond an Graf de Mercy und bin schon gespannt was da geschrieben steht. Diese Ausgabe von 1866, ist meines Wissens, die einzige Ausgabe die auch die Briefe der oben Genannten beinhaltet. Weiters sind 8 Faksimiletafeln mit Orignalbriefen eingefügt.
Die Briefe sind ungekürzt und in französischer Sprache gedruckt.

Das Buch umfasst 175 Briefe, die vorwiegend zwischen Mutter Maria Theresia und, Marie Antoinette ausgetauscht wurden weitere 16 Briefe von Abeé Vermond an Graf de Mercy.
Die Brief sind chronologisch geordnet und mit deutschen Fußnoten, Überschriften und Kurzfassungen versehen.
Alles in allem eine gutes Nachschlagewerk aber nicht kommplett da viele Briefe nicht im Hofarchiv abgelegt wurden. Von den Briefes des Wiener Hofes an Marie Antoinette wurden Kopien angefertigt. Die Briefe von Marie Antoinette im Hofarchiv sind Originale.





Das GOOGLE ebook zu obige Ausgabe habe ich euch in den Titellink gelegt.

3. Februar 2009

Der Geruch von Paris - Teil II




Immer wieder tauchen Artikel in der Presse oder in Foren auf, die die sanitären Zustände in Frankreich und insbesondere von Paris beschreiben.
Vieles wird unter dem Blickwinkel der heutigen Verhältnisse bewertet und man kommt zu dem Schluss dass die Leute ungepflegt waren. Meiner Meinung, war es einfach nicht besser zu schaffen, in einer Zeit ohne Fließwasser, Kanalisation, Ventilation und Toiletten. Die Situation ist mit einem heutigen Dritte Welt Land vergleichbar - Das Problem war den Menschen bewusst und sie haben die Gerüche und den Schmutz auch nicht besonders gemocht.
Aber lassen wir einige Zeitzeugen selbst zu Wort kommen:
Als der junge Rousseau die Hauptstadt betritt, schlagen ihm die widerwärtigen Dunstschwaden des Faubourg Saint-Marcel entgegen. Im Justizpalast, im Louvre, in den Tuilerien, Im Museum, ja sogar in der Oper „wird man verfolgt von den ekligen Gerüchen und Gastänkern der Bedürfnisanstalten. In den Gärten des Palais-Royale, weiß man im Sommer nicht, wo man sich hinsetzen soll, ohne den Geruch von abgestandenen Urin einzuatmen.“ Die Quais reizen den Geruchssinn bis zum Übelwerden; der Kot sammelt sich überall, in die Allee, am Fuß der Schlagbäume, in den Droschken.
Die Kloakenentleerer verpesten die Straßen; um sich den Weg zum Schindanger zu sparen, kippen sie die Tonnen einfach in den Rinnstein.
Die zahlreichen Polizeivorschriften, die dieser Plage ein Endesetzten sollen, finden keine Bedeutung.
Auch die Walkmühlen und die Weißgerbereien tragen ihren Teil dazu bei, den Harngestank zu mehren. Es mutet apokalyptisch an, wenn Louis-Sébstian Mercier Paris als „Amphitheater von Latrinen“ beschreibt, „die, eine über der anderen, ihren Platz gleich neben den Treppen, den Türen, den Küchen haben und allseitig den schlimmsten Gestank verbreiten.“ Ähnlich seine Darstellung der häufig verstopften Abflussrohre, die schließlich platzen, das Haus mit Unrat überschwemmten und die Pestilenz aus den Abtrittsbrillen steigen lassen, bei deren Anblick die Kinder mit Entsetzen glauben, den Schlund der Hölle entdeckt zu haben.
Kurz, Paris, „Zentrum de Wissenschaft, der Künste, de Mode und des guten Geschmacks“ ist unübersehbar auch das „Zentrum des Gestanks“
Am Vorabend der Revolution häufen sich die Versuche, jene ungenießbaren Gase zu analysieren, die von den Senkgruben aufsteigen, namentlich bei der Entleerung. Es geht darum, die Arbeiter vor dem Ersticken zu bewahren.
„Der Dunst, der von den Bedürfnisanstalten ausströmt, zersetzt jede Art von Fleisch, sowie dessen Säfte“, schreib Géraud; „dieser Zerfall geschieht aufgrund der Absorption der Luft, die das Prinzip des Fleisches ist, durch die fauligen Ausdünstungen der Latrinen.“
Daher sind die Kloakenentleerungen auch für die Umgebung ein großes Problem: „ Sie verderben die Luft, infizieren die Häuser, belästigen die Einwohner und gefährdenden die Kranken“
Die Blumen werden welk, die jungen Mädchen verlieren ihre frische Farbe.“
Ein älterer Artikel zu diesem Thema: Der Geruch von Paris
Trotz der Vorteile der Schwemmkanalisation, verweigerten viele Pariser Hausbesitzer und ganze Stadtteile bis in das späte 19. Jhdt. den Anschluss an das Kanalnetz. Auch der Geruch der Kanäle sei störend und die Kosten erheblich wurde argumentiert.
Erst die Bautätigkeit unter Napoleon III. und der Weltausstellung machten Paris wieder moderner.

Bildtext: Unterstand zum Schlachten ausgedienter Pferde außerhalb des Clos Dusaussois
Rechts eine arbeitende Frau, die ihr Baby in einem Gerippe abgelegt hat, hinten ein brennender Haufen Eingeweide

2. Februar 2009

Johanna Schopenhauer in Frankreich




Gerade weil sie die Französische Revolution durchaus positiv beurteilt hatten, waren Johanna und Heinrich Floris Schopenhauer über die bedrückenden Verhältnisse in dem bewunderten Land entsetzt, als sie es 1804 bereisten.

Die in Danzig als Tochter eines mittelständischen Kaufmanns geborene Schriftstellerin Johanna Schopenhauer (1766 – 1838), Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer, zählte zweifellos zu den außergewöhnlichsten Frauen ihrer Zeit.
1874 hatte die gerade 18jährige den fast 20 Jahre älteren Heinrich Floris Schopenhauer (1747-1805) geheiratet, einen hochangesehen Danziger Kaufmann von aufrichtiger republikanischer Gesinnung. Der die Ereignisse im revolutionären Frankreich geradezu enthusiastisch verfolgte.
Der Voltaire-Verherer teilte nicht nur die schöngeistigen Interessen seiner weltgewandten jungen Frau, sondern auch ihre Reiselust.

Im Frühjahr 1803 traten sie schließlich zusammen mit ihrem nunmehr 15jährigen Sohn Arthur eine zweijährige Reise durch Holland, Belgien, England, Schottland. Frankreich, die Schweiz, Österreich, Schlesien und Preußen an.
Am 3. Mai 1803 reist die Familie aus Hamburg über Amsterdam und Antwerpen nach London. Während die Eltern eine ausgedehnte Tour nach Schottland unternahmen, blieb Sohn Artur, im Haus eines Pfarrers in Wimbledon zurück.

Anfang November schließlich verließen die drei Schopenhauers die britischen Insel und gelangten über Rotterdam nach Paris.
Mit zunehmender Ernüchterung hatten sie sich der französischen Metropole genähert: Keine prächtigen Villen, wie in den Vororten Londons, prägten das Bild, sondern aus Lehmhütten bestehende Dörfer und ärmlich gekleidetes Volk. Unmittelbar nach dem Passieren der Stadtgrenze, es war am 27. November gegen Zwölf Uhr, eröffnete sich ihnen ein Labyrinth von kleinen Gassen, von denen eine immer schmutziger aussah als die andere … Verwundert sahen wir im Wagen einander an. Sind wir denn wirklich in Paris? fragten wir uns, ist dieses „la Capitale du monde“?
In einem ehemaligen Stadtpalais, das jetzt als eine Art Hotel diente, mieteten sie sich ein. Prächtige seidene Tapeten goldene Verzierungen und große Spiegel schmückten die Räume.
Überall standen Uhren, Vasen, Bronzen und Kandelaber uns im Wege, lauter um einen Spottpreis erkauftes Raubgut, während der Revolution aus den Häusern der Reichen und Vornehmen entwendet.



Dennoch fanden sie nur wenig Komfort: Weder Türen noch Fenster waren dicht, die Kamine vermochten die hohen Räume kaum zu erwärmen, und das gewissenhaft gebohnerte Parkett erinnerte sowohl durch seine Kälte als auch durch seine Glätte an die Freuden der Eisbahn auf der Hamburger Binnen-Alster.
Mutter und Sohn waren sich einig: Paris blieb weit hinter ihren Erwartungen zurück. In welchem Kontrast standen die engen, schmutzigen Pariser Gassen zu den sauberen, mit breiten Trottoirs versehen Straßen Londons.




Die gezeigten Gemälde sind von Pierre-Antoine Demachy aus der Zeit vor der Revolution.