31. Januar 2009

Pierre Corneille

STANCES

Marquise, si mon visage
A quelques traits un peu vieux,
Souvenez-vous qu’à , mon âge
Vous ne vaudrez guère mieux :

Le temps aux plus belles choses
Se plaît à faire un affront ,
Et saura faner vos roses
Comme il a ridé mon front :

Le même cours des planètes
Règle nos jours et nos nuits :
On m’a vu ce que êtes ;
Vous serez ce que je suis

Cependant j’ai quelques charmes
Qui sont assez éclatants
Pour n’avoir pas trop d’alarmes
De ces ravages du temps

Vous en avez qu’on adore ,
Mais ceux que vous méprisez
Pourroient bien durer encor
Quand ceux-là seront usés.

Ils pourront sauver la gloire
Des yeux qui me semblent doux,
Et dans mille ans faire croire
Ce qu’il plairerer de vous.

Chez cette race nouvelle
Où j’aurai quelque crédit ,
Vous ne passerez pour belle
Qu’autant que je l’aurai dit.

Pensez-y , belle Marquise :
Quoiqu’un fasse effroi ,
Il vaut bien qu’on le courtise ,
Quand il est fait comme moi.


Marquise, wenn auch mein Antlitz
In einigen Zügen schon alt,
So wisst doch, wenn Ihr so alt seid,
Ihr kaum wohl besser gefallt

Denn selbst die reizendesten Dinge
Lässt ungern die Zeit bestehn,
Sie, die mir die Stirne zerfurchte,
Lässt Eure Rosen vergehen.

Der gleiche Gang der Planeten
Bestimmt unsrer Tage fliehn,
Ihr seid heut, was ich gewesen,
Ihr werdet, was ich jetzt bin.

Doch habe einige Reize,
Die sind von so großem Wert,
Dass ich mich nicht darüber errege,
Wenn anderes die Zeit verheert.

Auch Eure Reize gefallen,
Doch jene, die Ihr verlacht,
Sie werden vielleicht noch bestehen,
Wenn Euren ein Ende gemacht.

Sie könnten der Nachwelt preisen,
Was Euer Lächeln mir gibt,
Und lassen dereinst noch glauben,
Was mir zu sagen beliebt.

Bei jenem künft’gen Geschlechte,
Bei dem man auf mich noch was hält,
Wird man so schön Euch nur heißen.
Wie mein Wort es gefällt.

Bedenkt dies, Marquise: und ist Euch
Ein Graukopf fürchterlich,
Sollt‘ man ihn trotzdem verwöhnen,
Wenn er geraten wie ich.





Pierre Corneille

Corneille (geb. 1606 in Rouen, gest. 1684 in Paris) ist der erste große Dramatiker Frankreichs, dessen Werke der Weltliteratur zugehören. Er war Mitglied der Académie française. Corneille stammt aus einer Juristenfamilie und studierte zunächst Rechtswissenschaft. Wegen eines Sprachfehlers übte er seinen Advokatenberuf nur zeitweise aus. – Als Dichter ist er zunächst mit Intrigenlustspielen hervorgetreten. Seine bedeutendste Komödie, der 1644 entstandene „Menteur“, ist der Vorläufer der Charakterkomödien Molières. Der nach einer spanischen Vorlage geschriebene „Cid“ (1636) ist die erste klassische französische Tragödie, deren Stil und Problemstellung für die dramatische Kunst Westeuropas vorbildlich wurden. Neben „Cid“ gelten auch die Römertragödien „Horace“ (1640) sowie die Märtyrertragödie „Polyeucte“ (1642) als Meisterwerke, in denen er die aristotelischen „Einheiten“ (Einheit des Orte, der Zeit und der Handlung) auf das französische Drama überträgt. Im Vergleich zu den Dramen sind seine sonstigen Werke (Lyrik und Psalmenübertragung) nur von untergeordneter Bedeutung.
Text nach: Oeuvres de P. Corneille, hrsg. Von Ch. Mary-Laveaux, 1862 ff., in: Grands Ecrivains de la France

26. Januar 2009

Etikette und Umgangsform


Der allgemein im 18. Jahrhundert noch herrschende Umgangston würde uns wohl heute sehr befremden. Auf der einen Seite im Verkehr mit Hochstehenden eine Etikette, die bei der Aufwartung vor Kaiser und Kaiserin die spanische Reverenz verlangte, daß heißt ein Niederfallen auf beide Knie, und die Gande zum Handkuß gewährt zu bekommen.
Anderseits eine Rücksichtslosigkeit gegen Gleichberechtigte oder Niederstehende.
Bei Audienzen z.B dem Lever durfte nur der König einen Armsessel mit Armlehen benutzen ausgenommen es war ein anderes gekröntes Haupt anwesend, Die Königliche Familie auf Sesseln ohne Armlehen und Prinzen und Prinzessinen auf einfachen Hockern, alle anderen Personen blieben stehen.
Erst das häufige Zusammenkommen der Geschlechter verfeinerte die Sitten. Auch gab Frankreich das Vorbild. Die schöngeistigen Pariser Salons, die berühmt gewordenen Buraux d'esprit der Damen Tencin, Geoffrin, Lespinasse, du Effand und andere, die in ihren geselligen Zusammenkünsten die geistreichsten Männer mit den schönsten Frauen zusammenführten, gaben den Ton einer verfeinerten Gesellschaft an, die in ganz Europa bewundert und nachgeahmt wurde.

Am Französichen Hof wurde durch Marie Antoinette die Etikette nach obigen Vorbild gelockert. So waren gemeinsame Mahlzeiten unter den Verwandten der Königlichen Familie ihre Idee.
Das Händeschütteln am Französichen Hof wurde erst durch die Engländer bekannt. Marie Antoinette war recht amüsiert wenn sich englische Damen und Herren die Hände geschüttelt haben.
Marie Antoinette hat die Etikette etwas gelockert und insbesondere in Petit Trianon einfache Umgansformen mit ihren Vertrauten gepflegt. Aber da hatten nur wenige Personen Zutritt. In der Öffentlichkeit und bei Hof waren Berührungen zwischen den Geschlechterrn verpönt, allerhöchstens das Berühren der Fingerspitzen. Auch da hat Marie Antoinette durch Händchen halten mit Louis Auguste ein Vorbild gegeben.

20. Januar 2009

Die Bürger- und Menschenrechte von 1789




Präambel
„Les représentants du peuple français, constitués en Assemblée nationale, considérant que l'ignorance, l'oubli ou le mépris des droits de l'homme sont les seules causes des malheurs publics et de la corruption des gouvernements, ont résolu d'exposer, dans une déclaration solennelle, les droits naturels, inaliénables et sacrés de l'homme, afin que cette déclaration, constamment présente à tous les membres du corps social, leur rappelle sans cesse leurs droits et leurs devoirs ; afin que les actes du pouvoir législatif et ceux du pouvoir exécutif, pouvant être à chaque instant comparés avec le but de toute institution politique, en soient plus respectés ; afin que les réclamations des citoyens, fondées désormais sur des principes simples et incontestables, tournent toujours au maintien de la Constitution et au bonheur de tous.“
„En conséquence, l'Assemblée nationale reconnaît et déclare, en présence et sous les auspices de l'Être Suprême, les droits suivants de l'homme et du citoyen.“

Die Repräsentanten des französischen Volkes, als Nationalversammlung konstituiert, haben unter der Berücksichtigung, dass die Unkenntnis, die Achtlosigkeit oder die Verachtung der Menschenrechte die einzigen Ursachen der öffentlichen Missstände und der Verderbtheit der Regierungen sind, beschlossen, die natürlichen, unveräußerlichen und heiligen Rechte der Menschen in einer feierlichen Erklärung darzulegen, damit diese Erklärung allen Mitgliedern der Gesellschaft beständig vor Augen ist und sie unablässig an ihre Rechte und Pflichten erinnert; damit die Handlungen von der Legislative und die der Exekutive in jedem Augenblick mit dem Ziel jeder politischen Einrichtung verglichen werden können und dadurch mehr respektiert werden; damit die Ansprüche der Bürger, fortan auf einfache und unbestreitbare Grundsätze begründet, sich immer auf die Erhaltung der Verfassung und das Allgemeinwohl richten mögen.
Dementsprechend anerkennt und erklärt die Nationalversammlung in Gegenwart und unter dem Schutze des höchsten Wesens folgende Menschen- und Bürgerrechte.

Artikel 1
„Les hommes naissent et demeurent libres et égaux en droits. Les distinctions sociales ne peuvent être fondées que sur l'utilité commune.“
Die Menschen werden frei und gleich an Rechten geboren und bleiben es. Soziale Unterschiede dürfen nur im allgemeinen Nutzen begründet sein.

Artikel 2
„Le but de toute association politique est la conservation des droits naturels et imprescriptibles de l'homme. Ces droits sont la liberté, la propriété, la sûreté et la résistance à l'oppression.“
Der Zweck jeder politischen Vereinigung ist die Erhaltung der natürlichen und unantastbaren Menschenrechte. Diese sind das Recht auf Freiheit, das Recht auf Eigentum, das Recht auf Sicherheit und das Recht auf Widerstand gegen Unterdrückung.

Artikel 3
„Le principe de toute souveraineté réside essentiellement dans la nation, nul corps, nul individu ne peut exercer d'autorité qui n'en émane expressément.“
Der Ursprung jeder Souveränität liegt ihrem Wesen nach beim Volke. Keine Körperschaft und kein Einzelner kann eine Gewalt ausüben, die nicht ausdrücklich von ihm ausgeht.

Artikel 4
„La liberté consiste à faire tout ce qui ne nuit pas à autrui : ainsi l'exercice des droits naturels de chaque homme n'a de bornes que celles qui assurent aux autres membres de la société la jouissance de ces mêmes droits. Ces bornes ne peuvent être déterminées que par la loi.“
Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss eben dieser Rechte sichern. Diese Grenzen können nur durch das Gesetz bestimmt werden.

Artikel 5
„La loi n'a le droit de défendre que les actions nuisibles à la société. Tout ce qui n'est pas défendu par la loi ne peut être empêché, et nul ne peut être contraint à faire ce qu'elle n'ordonne pas.“
Das Gesetz darf nur solche Handlungen verbieten, die der Gesellschaft schaden. Alles, was durch das Gesetz nicht verboten ist, darf nicht verhindert werden, und niemand kann genötigt werden zu tun, was es nicht befiehlt.

Artikel 6
„La loi est l'expression de la volonté générale. Tous les citoyens ont droit de concourir personnellement, ou par leurs représentants, à sa formation. Elle doit être la même pour tous, soit qu'elle protège, soit qu'elle punisse. Tous les citoyens, étant égaux à ses yeux, sont également admissibles à toutes dignités, places et emplois publics, selon leurs capacités et sans autre distinction que celle de leurs vertus et de leurs talents.“
Das Gesetz ist der Ausdruck des allgemeinen Willens. Alle Bürger haben das Recht, persönlich oder durch ihre Vertreter an seiner Gestaltung mitzuwirken. Es muss für alle gleich sein, mag es beschützen oder bestrafen. Da alle Bürger vor ihm gleich sind, sind sie alle gleichermaßen, ihren Fähigkeiten entsprechend und ohne einen anderen Unterschied als den ihrer Eigenschaften und Begabungen, zu allen öffentlichen Würden, Ämtern und Stellungen zugelassen (d.h. Gleichheit vor dem Gesetz für jeden).

Artikel 7
„Nul homme ne peut être accusé, arrêté ni détenu que dans les cas déterminés par la loi, et selon les formes qu'elle a prescrites. Ceux qui sollicitent, expédient, exécutent ou font exécuter des ordres arbitraires, doivent être punis; mais tout citoyen appelé ou saisi en vertu de la loi doit obéir à l'instant; il se rend coupable par la résistance.“
Niemand darf angeklagt, verhaftet oder gefangengehalten werden, es sei denn in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und nur in den von ihm vorgeschriebenen Formen. Wer willkürliche Anordnungen verlangt, erlässt, ausführt oder ausführen lässt, muss bestraft werden; aber jeder Bürger, der kraft Gesetzes vorgeladen oder festgenommen wird, muss sofort gehorchen; durch Widerstand macht er sich strafbar.

Artikel 8
„La loi ne doit établir que des peines strictement et évidemment nécessaires, et nul ne peut être puni qu'en vertu d'une loi établie et promulguée antérieurement au délit et légalement appliquée.“
Das Gesetz soll nur Strafen festsetzen, die unbedingt und offenbar notwendig sind, und niemand darf anders als aufgrund eines Gesetzes bestraft werden, das vor Begehung der Straftat beschlossen, verkündet und rechtmäßig angewandt wurde.

Artikel 9
„Tout homme étant présumé innocent jusqu'à ce qu'il ait été déclaré coupable, s'il est jugé indispensable de l'arrêter, toute rigueur qui ne sera pas nécessaire pour s'assurer de sa personne doit être sévèrement réprimée par la loi.“
Da jeder solange als unschuldig anzusehen ist, bis er für schuldig befunden wurde, muss, sollte seine Verhaftung für unumgänglich gehalten werden, jede Härte, die nicht für die Sicherstellung seiner Person notwendig ist, vom Gesetz streng unterbunden werden.

Artikel 10
„Nul ne doit être inquiété pour ses opinions, même religieuses, pourvu que leur manifestation ne trouble pas l'ordre public établi par la loi.“
Niemand soll wegen seiner Anschauungen, selbst religiöser Art, belangt werden, solange deren Äußerung nicht die durch das Gesetz begründete öffentliche Ordnung stört.

Artikel 11
„La libre communication des pensées et des opinions est un des droits les plus précieux de l'homme : tout citoyen peut donc parler, écrire, imprimer librement, sauf à répondre de l'abus de cette liberté, dans les cas déterminés par la loi.“
Die freie Äußerung von Meinungen und Gedanken ist eines der kostbarsten Menschenrechte; jeder Bürger kann also frei reden, schreiben und drucken, vorbehaltlich seiner Verantwortlichkeit für den Missbrauch dieser Freiheit in den durch das Gesetz bestimmten Fällen.

Artikel 12
„La garantie des droits de l'homme et du citoyen nécessite une force publique : cette force est donc instituée pour l'avantage de tous et non pour l'utilité particulière de ceux auxquels elle est confiée.“
Die Gewährleistung der Menschen- und Bürgerrechte erfordert eine öffentliche Gewalt; diese Gewalt ist also zum Vorteil aller eingesetzt und nicht zum besonderen Nutzen derer, denen sie anvertraut ist.

Artikel 13
„Pour l'entretien de la force publique et pour les dépenses d'administration, une contribution commune est indispensable. Elle doit être également répartie entre tous les citoyens, en raison de leurs facultés.“
Für die Unterhaltung der öffentlichen Gewalt und für die Verwaltungsausgaben ist eine allgemeine Abgabe unerlässlich; sie muss auf alle Bürger, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, gleichmäßig verteilt werden.

Artikel 14
„Chaque citoyen a le droit, par lui-même ou par ses représentants, de constater la nécessité de la contribution publique, de la consentir librement, d'en suivre l'emploi et d'en déterminer la quotité, l'assiette, le recouvrement et la durée.“
Alle Bürger haben das Recht, selbst oder durch ihre Vertreter die Notwendigkeit der öffentlichen Abgabe festzustellen, diese frei zu bewilligen, ihre Verwendung zu überwachen und ihre Höhe, Veranlagung, Eintreibung und Dauer zu bestimmen.

Artikel 15
La société a le droit de demander compte à tout agent public de son administration.“
Die Gesellschaft hat das Recht, von jedem Staatsbeamten Rechenschaft über seine Amtsführung zu verlangen.

Artikel 16
„Toute société dans laquelle la garantie des droits n¹est pas assurée, ni la séparation des pouvoirs déterminée, n'a pas de Constitution.“
Eine Gesellschaft, in der die Gewährleistung der Rechte nicht gesichert und die Gewaltenteilung nicht festgelegt ist, hat keine Verfassung.

Artikel 17
„La propriété étant un droit inviolable et sacré, nul ne peut en être privé, si ce n'est lorsque la nécessité publique, légalement constatée, l'exige évidemment, et sous la condition d'une juste et préalable indemnité“.
Da das Eigentum ein unverletzliches und geheiligtes Recht ist, kann es niemandem genommen werden, es sei denn, dass die gesetzlich festgestellte öffentliche Notwendigkeit dies eindeutig erfordert und vorher eine gerechte Entschädigung festgelegt wird.


























Literatur
•Baecque, Antoine de; Schmale, Wolfgang und Vovelle, Michel (Hrsg.): L'an 1 des droits de l'homme. Presses du CNRS, 1988
•Marcel Gauchet: Die Erklärung der Menschenrechte. Die Debatte um die bürgerlichen Freiheiten 1789. Hamburg 1991
•Marcel Gauchet: Menschenrechte. In: Kritisches Wörterbuch der Französischen Revolution'. Bd. 2, hrsg. von François Furet und Mona Ozouf, Frankfurt/M. 1996, S. 1180-1197.

17. Januar 2009

François-Joachim de Pierres de Bernis

LES PETITS TROURS

Ainsi qu’Hébé, la jeune Pompadour
A deux jolis trous sur sa joue;
Deux trous charmants où le plaisir se joue,
Qui furent faits par la main de L’Amour.
L’enfant ailé, sous un rideau de gaze,
La vit dormir et la prit pour Psyché.
Qu’elle étoit belle! A l’instant il s’embrase:
Sur ses appas il demeure attaché.
Plus il la voit, plus son délire augmente;
Et, pénétré d’une si douce erreur,
Il veut mourir sur sa bouche charmante;
Heureux encore de mourir son vainqueur!
Enchanté des roses nouvelles,
D’un teint, don’t l’éclat éblouit,
Il les touché du doigt, elles en sont plus belles;
Chaque fleur sous sa main s’ouvre et s’épanouit.
Pompadour se reveille, et l’Amour en soupire
Il perd tout son bonheur en perdantson délire:
L’empreinte de son doigt forma ce joli trou,
Séjour aimable du sourire,
Dont le plus sage seroit fou. …


DIE GRÜBCHEN

Wie Hebe, die junge Pompadour trägt
Zwei kleine Grübchen auf ihren Wangen,
Zwei reizende Grübchen vol Lust und Verlangen,
Von Amors Fingern dort eingeprägt.
Der Flügelknabe hatt’ einst gesehn
Die Schöne ruhen, von Schleiern umspielt,
Sie, die er für Psyche selber hielt. –
Im Augenblick fühlt er in Flammen sich stehn.
Soviel er auch schaut, sein Wahn sich nur mehrt,
Und von dem süßen Irrtum durchdrungen,
Auf Ihrem Mund er zu sterben begehrt,
Zugleich noch beglückt, daß er sie bezwungen.
Entzückt von der frischen Rosen Glühn
Auf Zügen, die heller Glanz überfließ,
Berührt er sie leis, daß sie schöner noch blühn,
Wie jegliche Blume durch in sich erschließt. –
Die Schöne erwacht – und Amor seuft lang;
Sein Glück mit dem fliehenden Wahne verklang.
Aus denen so holdes Lächeln entsprang,
Davon ein Weiser wird unbedacht. …

Kardinal Bernis kennen wir schon aus einen früheren Post.
Darum erspare ich mir diesmal eine ausführliche Biographie unseres Poeten, obwohl Genannter für einen Kardinal reichlich erotische Verse für seine Gönnerin Madame Pompadour gefunden hat. Bernis war , obwohl schon selbst am Hungertuch nagend, selbstlos Mesdames nach ihrer Flucht aus Frankreich ein letztes Quartier in Rom an zubieten.

14. Januar 2009

Schloss Bellevue



Ein weiteres Schlösschen, das noch auf die Zeit von Louis XV. und Madame Pompadour zurückgeht ist Bellevue. Es wurde 1749 vom König erworben und von seiner Mätresse umgebaut und das Interieur neu gestaltet.
Ab 1769 wurde es von Mesdames, den Töchtern Louis XV. bewohnt. Im Jahre 1780 wurden von Mesdames Adélaide und Victoire der Garten und der Park vom Architekten der Königin Marie Antoinette, Richard Mique, neu gestaltet.
Während der Revolution ist das Schloss verfallen und wurde um 1820 abgerissen.
Einige Ensembles von Mesdames sind noch im Schloss Versailles zu besichtigen.



9. Januar 2009

Modekupfer und Pandora


Seit der zweiten Hälfte des 17. Jhdt. hatte man in Paris begonnen alle Monate einmal eine vollständig nach neuester Mode kostümierte lebensgroße Puppe nach London zu senden: „die große Pandora“ in Staatstoilette, „die kleine Pandora“ in Negligé gekleidet. Diese Puppe der Rue Saint Honoré wurde anfänglich im Hotel Rambouillet zurechtgemacht mit der gern geleisteten Hilfe der berühmten Mademoiselle de Scudéry, jener damals vielgelesenen Romanschriftstellerin, die man aus „Hoffmanns Erzählungen“ kennt. Die Puppe wanderte so regelmäßig über den Kanal, dass selbst Kriegszeiten die englischen Damen nicht der Möglichkeit beraubten, sich allmonatlich über die letzte Pariser Mode zu orientieren.
Die feindlichen Generäle erlaubten der Puppe Pandora stets, frei zu passieren, eine Galanterie, der erst Napoleon ein Ende machte. Als zu Anfang des 19. Jhdt. die englischen Damen auf den Besuch Pandoras zu verzichten gezwungen waren sahen sie sich, wie Mrs. Bury-Palliser bedauernd bemerkt, leider genötigt, sich nach eigenem Geschmack zukleiden. Mit der zeit reiste Pandora auch nach anderen Orten und formte nach ihrem Bild in Russland wie Deutschland und Italien aus der der Europäerin die Pariserin.
Die vornehmen Damen in Augsburg, Stuttgart und anderswo kleideten sich zwar französisch, aber nach vorletzter Mode! Als der Großfürst Paul von Russland 1782 in Frankfurt am Main den Adel der Umgebung empfing, da fand sein Hof, dass die Kleider der Adeligen einer Mode angehörten, die mindestens 40 Jahre als sein müsse.
Erst die „Galerie der Mode“, die in Paris von 1778 bis 1787 herausgegeben wurde, half diesem Übel ab und brachte allen Herren und Damen, die sich für Mode und Eleganz interessierten, nicht nur die neuesten Beschreibungen, sondern bis ins Detail getreue Abbildungen dessen, was in Paris getragen wurde. Das künstlerisch vollendete Modekupfer dieser Zeitschriften – von F.L.J. Watteau, Saint-Aubin, Moreau le Jeune, Dersais und Le Clerc – dienten dann den außerfranzösichen Publikationen als Vorlagen.

Illustrationen: Moreau le Jeune, Text: Max von Boehn

7. Januar 2009

Clément Marot

Puis que de vous je n’ay aultre visage
Je m’en voys render hermite en un desert,
Pour prier Dieu, si un autre vous sert,
Qu’autant que moy en vostre honneur soit sage.

Adieu amours, adieu gentil corsage,
Adieu ce tainct, adieu ce frians yeulx,
Je n’ay pas eu de vous grand advantage;
Unmoins aymant auta peult ester mieulx.

Epigramme
De soy mesme

Plus ne suis ce que j’ay estè,
Et ne le scautois jamais ester;
Mon beau printemps et mon esté
Ont faictle sault par la fenestre. …


Da Ihr nimmer zeigt ein anderes Gesicht,
Wird in Verlassenheit ich Klausner, der nur still
Zu Gott fleht: wen ein anderer Euch dienen will,
Sei artig er, gleich mir, wies’s Eurem Ruf entspricht.

Leb wohl du, Liebe, und du, Leib, der mich verführt,
Lebt wohl ihr Rosenwangen, kecke Äuglein,
Viel Gutes hab ich wahrlich nicht durch Euch verspürt,
Mag der vielleicht, der wen’ger liebt, beglückter sein

Epigramm
über sich selbst

Mehr bin ich nicht, was einst ich war,
Und wede es auch nimmer sein;
Mein schöner Lenz, mein Sommer gar,
Entsprangen durch mein Fensterlein. …




Clément Marot

Marot (geb. 1496 in Cahors, gest. 1544 in Turin) ist der Sohn des Dichters Jean Marot. Nach kurzem juristischen Studium wurde er Kammerdiener bei Marguerite de Navarre, dann bei König Franz I. 1532 erschienen seine Jugendgedichte „Adolescence Clémentine“. Als Übersetzter von Psalmen der Ketzerei angeklagt floh er 1534 nach Italien, kehrte aber zwei Jahre später wieder nach Paris zurück. Als Anhänger des Calvinismus musste er 1542 erneut fliehen: diesmal nach Genf, wo er die ersten 50 Psalmen der in seiner Übersetzung erscheinen ließ. Da Marot Lebenswandel bei den Calvinisten Anstoß erregte, musste er auch Genf verlassen. Er ging nach Turin, wo er kurz darauf starb. - Marot ist vor allem durch seine Psalmenübersetzung berühmt geworden. Nach italienischen Vorbildern schrieb er jedoch auch geistreiche Epigramme. Neben Saint-Bailais ist er der erste, der Sonette in französischer Sprache dichtete. Nach kunstvollen Elegien schrieb er auch Balladen, Rondeaus sowie Liebes- und Gelegenheitsgedichte von rokokohafter Anmut und hoher Formkunst.

Texte nach: Les Oeuvres de Clément Marot von J.Patard. 1876

6. Januar 2009

François Villon

BALLADE DE LA BELLE HEAULIERE AUX FILLES DE JOIE

Or y pensez, belle Cantiere,
Qui m`scoliere souliez ester,
Et vous, Blanche la Savetiere,
Or es il Temps de vous congnoistre.
Prenz à dextre et à senestre;
N’esparanez homme, je vous prie:
Car vielles n’ont ne cours ne estre,
Ne que monnoye qu’on descrie. …

BALLADE DER WAFFEnHÄNDLERIN AN DIE FREUDENMÄDCHEN

Du schöne Handschuhmacherin,
Die ich so manches hab gelehrt,
Und Blanche, du, die Schusterin,
Erkennet selbst jetzt euren Wert,
Greift nur nach rechts und greift nach links:
Schont nicht das Mannsvolk, seid belehrt,
Denn Alte schätzt man schlechterdings
Wie eine Münze, die nichts wert. …



François Villon

Villon (geb. 1431 in Paris, gest. nach 1463) hieß ursprünglich Francois des Loges. Der Geistliche Guillaume de Villon, sein Pflegevater, dessen Namen er später annahm, ermöglichte ihm ein akademisches Studium. Er studierte an der philosophischen Fakultät der Universität Paris, erwarb mit 21 Jahren den Magistergrad und hatte die Absicht, später Theologie zu studieren. Nach dem Tode seines Pflegevaters geriet er in schlechte Gesellschaft, gab sein Studium auf, wurde in Rauferein verwickelt, tötete einen prister und floh aus Paris. 1456 kehrte er in die französiche Metropole zurück und schrieb „Lais“, das auch unter dem Namen „Petit Testament“ bekannt ist. Er beteiligte sich nun an Einbrüchen, musste wieder fliehen und wurde eingekerkert. Gelegentlich der Thronbesteigung Ludwig XI. wurde er begandigt, kehrte nach Paris zurück und schrieb dort sein Hauptwerk, das „Testament“, ein autobiographisches Epos, in das kinstvolle Balladen eingelegt sind. 1462 er erneut verhaftet, zum Tode verurteilt, jedoch 1463 wieder begnadigt und aus Paris verbannt. Von dieser Zeit an verwischen sich die Spuren seines Lebens. – Villon, in dessen lyrisch-epischen Werken sind sein unstetes Vagantenleben spiegelt, gehört zu den größten Lyrikern Frankreichs

Texte nach: Oeuvre copètes, von Longnon, 1941

Hotel-Dieu in Flammen




In der Nacht vom 29. auf den 30. Dezember 1772 brach im Hotel-Dieu * zu Paris ein schrecklicher Brand aus. Nachdem das Feuer in den unterirdischen Räumen gewütet hatte, schlug es gegen 1 Uhr morgens mit solcher Heftigkeit hervor, dass der Widerschein an den äußeren Enden der Stadt gesehen wurde. Trotz der raschen Hilfe. Trotz der Tätigkeit der neuorganisierten Pompierscorps und der Hingebung der Löscharbeiter, an deren Spitze der Erzbischof von Paris, Monseigneur de Beaumont, die ersten Beamten und die Ordensleute der Stadt standen, wurden die meisten Gebäude zerstört; man schätzte den Verlust auf zwei Millionen. Zehn Kranke verbrannten; die anderen wurden in Eile in die erzbischöfliche Residenz, nach Notre-Dame und in die anderen Kirchen geschafft; doch mehrere der zur Hilfeleistung herbeigeeilten kamen in den Flammen um oder wurden verwundet,
Bestürzt über solches Unglück, erließ der Erzbischof von Paris einen warmen Aufruf an die öffentliche Mildtätigkeit und ordnete Sammlungen an. Sobald Marie Antoinette davon erfuhr, schickte sie eilig eintausend Taler, und ergriff mit einer Bescheidenheit, die sie noch mehr ehrte als ihr Mitleid, bis ins kleinste gehende Vosichtsmaßregel, damit niemand etwas davon erführe, wobei sie Geheimhaltung soweit trieb, selbst Mercy und Vermond nichts davon zu sagen,
Trotzdem wurde die Sache ruchbar, und die Öffentlichkeit wusste der Prinzessin umso mehr Dank für die großmütige Spende, als dieselbe aus ihrem eigensten Antriebe kam und niemand in der königlichen Familie ihr mit gutem Beispiel vorangegangen war. Doch eben diese Anerkennung setzte sie in Verlegenheit, und sie wusste nicht, wie sie sich ihnen entziehen sollte.



*Hotel-Dieu - allgemeines Krankenhaus
Text von Maxime de Rochetrie
Marie Antoinette an Marie Theresia 13. 1. 1773,
Mercy an Marie Theresia 17. 2. 1773