9. Mai 2009

Gargantua und Pantagruel


In dem satirisch-fantastischen fünfteiligen Romanzyklus Gargantua und Pantagruel verbindet François Rabelais mit bemerkenswerter Fabulierkunst Gelehrsamkeit und Volksweisheit, Spaß und Geist und fordert die Menschen zur Abkehr vom scholastischen und dogmatischen Denken auf.

Entstehung:
Rabelais arbeitete über 20 Jahre an der Pentalogie. Das fünfte Buch erschien postum und ist vermutlich ursprünglich ein Teil des dritten bzw. vierten Buchs gewesen.
Inhalt:
Nach Art der Ritterromane erzählt Rabelais die merkwürdig anmutenden Abenteuer der beiden Riesenkönige Gargantua und Pantagruel. Pantagruel ist durch immerwährenden Durst und enormen Appetit zu einer grotesk-gewaltigen Lebensführung genötigt, die allerdings auch mit einem unmäßigen Bildungshunger und Studieneifer verbunden ist. Diese Grundannahmen, die zum Teil auf alte Volksbücher und auf das berühmte Vorbild der Chansons de Geste aus dem Mittelalter zurückgehen, gestatten Rabelais, die Geschichte seiner beiden Helden und ihres Freundes Panurge* mit einer an Episoden überreichen, sich assoziativ fortsetzenden Handlung zu verbinden.
Rabelais verknüpft populäres Erzählgut mit freier Fantasie, Legenden, Sagen und Seemannsgarn. Die unbekümmert wirkende sprachlich herausragende Präsentation ist dabei ebenso wichtig wie die erkennbaren Handlungsstränge, die teilweise sogar in den Hintergrund treten können. So wird die Frage, ob Panurgel nach seiner Heirat von seiner Frau betrogen werden könnte, zum Ausgangspunkt einer weitläufigen Satire auf den Wissenschaftsbetrieb.
Struktur
Die eingehende Bildung sowie Erfahrung des Autors bilden das Fundament der Pentalogie, deren Stoff der Autor in den Klöstern und Bildungsstätten des Landes erworben und gesammelt hat. Montpellier, Lyon, aber auch Straßburg, Briancon, Grenoble oder Metz hat Rabelais besucht, erlebt und in seinem vielfältigen Frankreichbild mit einer im dritten und vierten Band immer stärker anekdotisch zerfallenden Romanhandlung verbunden. Besonders genau schildert Rabelais seine Heimat an der Loire, die zu jener Zeit aus Kernland der Valois-Herrscher der Mittelpunkt des Königtums war. Das Land um Chinon ist Schauplatz des absurden Picrocholine-Krieges. Der tapferste in dieser Auseinandersetzung ist Bruder Jean, ein nicht sehr frommer Mönch, der zum Lohn von Gargantua die Abtei Thelème zugesprochen erhält.
Sie ist das deutlichste positive Wunschbild des Werks, eine ideale Bildungsstätte in der jeder tun kann, wie ihm beliebt und in die nur schöne Menschen aufgenommen werden.
Da das Werk deutliche satirische Porträts wirklicher Personen enthält, hat man auch hinter den fantastischen Namen historische Persönlichkeiten vermutet: Grandgousier sei Ludwig XII., Gargamella Anna de Bretagne, Gargantua Franz I., Pantagruel demnach Heinrich II. und der verschlagene Panurgel der Kardinal von Lothringen, ein Günstling Heinrichs II. In der Gestalt des Bruders Jean sahen Kundige den Kardinal du Bellay, den reichen und mächtigen Gönner des Dichters.
Wirkung:
Die Wortschöpfungen, Anspielungen und Verballhornungen, für die neben eben den antiken Sprachen auch das Rotwelsch Pate stand, haben sich über den Übersetzer Johannes Fischart alias Erich Dombrowski auch im deutschen Sprachraum verbreitet. Das Werk begründete den Ruhm des Dichters und fand viele Nachahmer.





Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg Verlag)
* griech., der mit allen Wassern Gewaschene

Keine Kommentare: