7. September 2011

Marie Antoinette schreibt Louise von Hessen-Darmstadt

Nach einigen freundlichen Briefen aus glücklichen Tagen, möchte ich euch den Brief vom Juli 1792 zeigen, wo die alleinige Rettung der Königin geplant war.
Marie Antoinette hat das Angebot zur Flucht ins sichere Exil abgelehnt, und ist in Paris bei ihrer Familie verblieben, obwohl ihr Leben in Gefahr war.


An die Landgräfin Louise von Hessen-Darmstadt

Juli 1792

Ihre Liebe und Ihre Sorge, Madame, haben mich bis auf den Grund der Seele gerührt. Die Person*, die zurück reist, wird Ihnen die Gründe sagen können, die sie so lange zurückgehalten haben. Er wird Ihnen auch sagen, daß ich sogar jetzt nicht wage, ihn mir zu sehen; es wäre mir indessen sehr angenehm gewesen, mit ihm über Sie, der ich innig zugetan bin, zu sprechen. Nein, meine Prinzessin, obwohl ich den ganzen Wert Ihrer Angebote schätze, kann ich sie doch nicht annehmen. Ich bin fürs Leben meinen Pflichten und den teueren Personen geweiht, deren Unglück ich teile und die, was man auch darüber sage, alle Teilnahme wegen des Mutes verdienen, mit dem sie ihre Lage ertragen. Der Überbringer dieses Briefes wird Ihnen Einzelheiten über die gegenwärtige Zeit und über den Geist des Ortes, an dem wir wohnen, geben können. Man sagt, daß er viel gesehen ha und richtig urteilt. Möge eines Tages alles, was wir tun und erdulden, unsere Kinder glücklich machen; das ist der einzige Wunsch, den ich mir erlaube. Leben Sie wohl, Prinzessin! Alles haben sie mir genommen außer meinem Herzen, das mir immer bleiben wird, um Sie zu lieben; zweifeln Sie niemals daran, denn das wäre das einzige Unglück, das ich nicht ertragen könnte. Ich küsse Sie innig. Tausend Grüße an all die Ihren. Ich bin mehr denn je stolz darauf, als Deutsche geboren zu sein.


Eigenhängi geschriebener Originalbrief der Königin; in den Darmstädter Archiven (Comte de Reiset, 43; RII., 404)
*Prinz Georg von Hessen-Darmstadt war nach dem 20. 6. nach Paris gekommen um die Rettung der Königin zu versuchen. Einzelheiten seines Planes sind nicht bekannt.

3. September 2011

Todestag von Madame Lamballe

Heute jährte sich wieder das Massaker des September 1792.
Der Sturm auf den Königspalast wenige Wochen zuvor, wo die königliche Familie gefangen genommen wurde, war blutig und forderte zahlreiche Tote. Ein Bericht der Schweizergarde ist auch schon in diesen Blog zu finden. Berühmt wurden die tagenlangen Massaker vom September 1792 durch die Lynchjustiz an Madame de Lamballe die eine persönliche Vertraute von Marie Antoinette war. Sie wurde beim Sturm auf die Tuilerien verhaftet und am 3. September 1792 öffentlich von Bürgern gelyncht. So wie sie starben in den Tagen des September 1500 Geistliche, Angehörige des Adel und andere Inhaftierte, die aus den Gefängnissen geholt und im Schnellverfahren zum Tode verurteilt oder gleich an Ort und Stelle massakriert wurden. Danton der zu dieser Zeit Minister für Justiz war, konnte das Blutbad an wehrlosen Gefangenen nicht verhindern. Obwohl die pariser Unruhen blutig verliefen, waren die menschlichen Opfer gemessen, in den folgenden Jahren der Schreckensherrschaft eher gering. In den folgenden Jahren bis zum Ende der Revolution 1799 kamen ungefähr 250 000 Franzosen gewaltsam ums Leben.



Wie wenig Revolutionäre und Angehörige des Hochadel gemeinsam hatten, zeigt die Leseprobe von Hans Freimark, der einen wunderbaren Roman über das Leben von Marie Antoinette schrieb.
Leider ist das letzte Exemplar von Amazon schon verkauft. Wer war das von euch? Aber ich habe für euch, noch ein letztes Exemplar bei ebay verlinkt, dass leider in einem sehr schlechten Zustand ist.

Im Parterre lagen die Zimmer der Königin, die des Königs im ersten Stock, Danton stieg die Treppe hinauf, gemächlich, jede einzelne Stufe mit Bedacht nehmend. Mit Interesse musterte er den Schmuck des Treppenhauses, die Gemälde, die aufgestellten Vasen, die reich Verzierung der Wände und der Decke; das muss man den Leuten lassen, sie verstanden , sich das Leben angenehm zu machen, Und mit einem Male begriff Danton, wie schwer es für Menschen gleich dem König und der Königin war, aus ihrer Welt herauszutreten und sich in die völlig veränderte Umstände zu schicken. ….
Mit gierigen Blicken sah er sich um: er wollte es sich bequem machen in diesen Räumen. Noch freilich hieß es warten und geduldig und geschickt die Fäden ziehen … Regent Danton klang nicht über und verlieh mehr Macht …

In diesen Gedanken verloren, hatte er gar nicht bemerkt, dass aus der Dianengalerie eine Dame herausgetreten war, die den staunenden Besucher verwundert und lächelnd beobachtete:
die Dianengalerie des Tuilerienpalastes auf einer historischen Fotographie aus dem 19. Jhdt

Es war die Prinzessin von Lamballe. Ein ekrüfarbiges Kleid hob den zarten Teint ihres Gesichtes und das Gekräusel venezianischer Spitzen, die den Ausschnitt säumten. Betonte die Weiße und Schönheit des schlanken Halses. Mit einer leichten, gleitenden Bewegung trat sie auf Danton zu: „Sie sind fremd, mein Herr?“ (!!)
Die unerwartete Anrede brachte den Advokaten etwas aus seinem Gleichgewicht. Er suchte nach einer Erklärung und fand sie nicht sofort. Die amüsierten Blicke seines Gegenübers verwirrten ihn. Er kam sich vor wie ein Wilder, der zum ersten Male einem Kultivierten begegnete (!!) Was war seine Gattin, was sogar Frau von St. Amaranthe gegen diese Erscheinung. Schlechte Kopien, nein, nicht einmal Kopie, verhunzte, sich selbst verhunzte Nachahmungen waren sie. Das leise Parfüm, das von dieser Frau ausging, wirkte gleich einem natürlichen, selbstverständlichen Duft. Bei Dame Amaranathe konnte man es schon an dem aufdringlichen Rosenparfüm erraten, ob sie in der Nähe war... etc. …


Das ovale Gemälde ist möglicherweise das Portrait einer jungen, unbekannten Frau, es ist aber aus der Zeit und sieht der jungen Prinzessin ähnlich.

1. September 2011

Marie Antoinette schreibt Axel von Fersen


An Fersen 24. Juli 1792

Im Laufe dieser Woche soll die Nationalversammlung ihre Verlegung nach Blois und die vorläufige Absetzung des Königs dekretieren. Jeder Tag produziert eine neue Szene, die aber immer auf die Vernichtung des Königs und seiner Familie abzielt. Bittsteller haben vor den Schranken der Nationalversammlung gesagt, dass sie ihn (König Louis XVI.), wenn man ihn nicht absetzte, massakrieren werde. Sie haben die Ehrenbezeugungen der Sitzung gehabt. Sagen Sie doch dem Herrn von Mercy, dass das Leben des Königs und der Königin in größter Gefahr ist, daß ein Aufschub von einem Tag unberechenbares Unglück hervorrufen kann, dass man das Manifest* sofort abschicken muß, dass man es in höchster Ungeduld erwartet, dass es notwendigerweise viele Leute um den König sammeln und ihm Sicherheit bringen werde; dass sonst niemand während vierzundzwanzig Stunden für ihn Verantwortung übernehmen kann, denn der Haufen der Mörder wächst unaufhörlich.

Ich habe den Rest der Gelder, worüber hier genaue Aufstellung ist, in zwei Häuser, die fast neu sind, mit einem genügend guten Erträgnis, angelegt. Das eine besteht aus einem Hauptgebäude im Grunde eines Hofes, mit einem Stockwerk über dem Erdgeschoss und einem mit Ziegeln bedeckten Dach; links ist eine anderes abgesondertes Gebäude, das als Remise* und für Ställe dient, einen Laden auf die Gasse hat, ferner einen Futterschuppen darüber, das Ganze ebenfalls mit Ziegeln bedeckt.
Das genannte Haus hat seinen Eingang, durch einen Torweg und besitzt einen Sandstein gepflasterten Hof mit Brunnen und Klosetten*.
Das zweite besteht aus einem Hauptgebäude mit einem Eingang durch eine Allee und besitzt zwei Läden*, Hinterläden mit Treppe und Hof rückwärts, mit Klosetten und Brunnen in der Mitte, oberhalb welcher eine Pumpwerk betätigt wird, dass das Wasser in das genannte Haus leitet. Das Ganze ist vier Etagen im Viereck hoch, mit Kellern darunter und getäfelten Dienstbotenzimmer im Giebel, der mit Ziegeln gedeckt ist.
Jede Etage enthält zwei kleine Appartements, jedes bestehend aus zwei Zimmern, ebenfalls mit Kamin, frei zugänglich von der Treppe und mit Toiletten*.
Diese beiden Häuser können um 9500 Livres vermietet werden. Sie sehen also, dass Ihre Gelder nicht schlecht placiert sind.
Schreiben Sie mir, ob Sie die vier vorhergegangenen Nummern erhalten haben. Vor zwei Tagen hat man mir einen Brief von Ihnen gebracht, den ich an seine Adresse weiterleiten ließ. Sie müssen die Sechs Broschüren erhalten haben, die Sie von mir verlangt haben.


Übersetzt, erläutert und herausgegeben von Paul Christoph.
Der erste Absatz des Briefes ist chiffriert und von Graf Fersen aufgelöst, der auf den Rand schrieb: „Chiffre der Königin" 24. Juli“
*
Das genannte Manifest der Koalitionsmächte, vom Herzog von Braunschweig am 25. VII. 1792 unterzeichnet, ist das Werk des emigrierten Marquis de Limon, dass bei Bedrohung des Leben des König und seiner Familie, den Einmarsch von ausländischen Truppen, die Zerstörung von Paris und den Aufruf zur Gegenrevolution beinhaltet. Die Wirkung war eine gegenteilige und schürte noch mehr Zorn auf die königliche Familie.
*Klosette oder Abtritte, waren einfache Einrichtungen mit Senkgruben, meist im Hof eines Hauses, während Toiletten schon im bekannten Sinne eine Wasserspülung hatten.
*Remise – Unterbringungsmöglichkeiten für Kutschen und Pferdegeschirr, meist in der Nähe der Stallungen