28. Juni 2008

Hermann Moritz von Sachsen - Le Maréchal de saxe


Der Nächste im Reigen der Edelvasallen von Louis XV. ist Moritz von Sachsen, ein Sohn von August dem Starken. Als begnadeter Kriegsherr war er im Dienste des französischen Königs von 1720 bis 1748. Nationalismus war zu dieser Zeit noch unbekannt und Franzosen schlossen den Deutschen Moritz von Sachsen und seine deutschen Truppen und später seine Volontaires de Saxe in ihr Herz.
Sein Handwerk, das er mit einer Begabung und Akribie betrieb, lernte er bei Prinz Eugen von Savoyen der in Österreich so wie Moritz von Sachsen in Frankreich noch heute wie Helden verehrt werden.

Moritz von Sachen bescherte den Franzosen, die zu dieser Zeit als nicht besonders kriegstüchtig galten, durch geniale Kriegsführung einen Sieg nach dem anderen. Er blieb während seiner ganzen Dienstzeit unbesiegt und war vom Französischen Volk, seinen Truppen und dem König angesehen und respektiert.
Die Haustruppe und Leibgarde von Moritz von Sachen waren die berüchtigten Volontaires de Saxe eine bunt zusammen gewürfelte Reitertruppe aus aller Herren Länder zu seiner persönlichen Verfügung.
König Louis XV. stellte ihm das Schloss Chambord auf Lebenszeit zur Verfügung auf das er sich 1748 nach dem Frieden von Aachen zurückzog.


Eine kurze Anekdote aus seinem Leben zusammengefasst aus einen Brief der Madame Pompadour:

Da die Französischen Truppen sehr trinkfreudig und gerne Schlachtlieder bis in tiefe Nacht sangen, kam es immer wieder vor und insbesondere vor wichtigen Schlachten, dass mit viel Wein und Gesang Stimmung gemacht wurde. Daher waren die Regimenter kurz vor den Schlachten noch recht angeheitert und nicht voll einsatzfähig.

Da die Französischen Truppen, die zum großen Teil aus jungen Adeligen bestanden, für die ein ehrvoller Heldentod sozusagen zum Geschäft gehörte, drohte Ihnen Moritz von Sachsen damit, jeden Trunkenbold beim nächsten Gefecht in den Schützengräben zurückzulassen.
Die Drohung nicht mit den Freunden den Heldentod sterben zu dürfen, oder womöglich vom Feind hinter der Gefechtslinie als Feigling aufgefunden zu werden, genügte vollauf um alle Franzosen stocknüchtern zu halten.
Zumindest bis zum nächsten Gefecht.

Da aus deutscher Sicht, wenig Literatur vorhanden ist, habe ich die Wikibiographie in den Titellink eingefügt.

20. Juni 2008

Eugénie de Montijo



Eugénie de Montijo, gebürtige Spaniern und Gattin von Napoleon III., die letzte Monarchin Frankreichs, war eine grosse Verehrerin von Marie Antoinette und hatte eine stolze Sammlung von Erinnerungsstücken. Eine umfassende Wikibiographie ist dem Titelblog beigefügt.

Die nachstehende Anekdote ist aus Ihrer Biographie die "Memoiren der Kaiserin Eugenie" entnommen


Auf den offiziellen Reisen kamen manchmal ganz amüsante Zwischenfälle vor. Man hat mir ein Geschichte erzählt, von der ich aber nicht mehr weiß, wo sie sich zutrug. Der Kaiser hatte genehmigt, daß der Zug an einer kleinen Station halten sollte, wo kein programmmäßiger Aufenthalt vorgesehen war. Der Kaiserin hatte man nichts von diesem gänderten Plan gesagt, und sie befand sich daher nicht in geeigneter Toilette, um sich der jubelnden Menge zu zeigen.
Inzwischen tat der Kaiser sein Äußerstes, um deren Neugier zu befriedigen, schüttelte den Nächststehenden durchs Fenster des Abteils die Hände und begriff nicht, weshalb seine Gemahlin nicht erschien, zumal da man andauernd "Es lebe die Kaiserin!" rief und nach ihr verlangte, während sie ruhig hinter zugezogenen Vorhang saß und sich die Zurufe anhörte. Schließlich wurde eins von den weißgekleideten Mädchen, die sich auf dem Bahnhof eingefunden hatten, um besonders die Kaiserin zu begrüßen, von ihrer Mutter in den Wagen gehoben und ging, von General Fleury geführt, ganz tapfer auf sie zu. Dann rief sie mit schüchterner, aber heller Stimme "Pardon, Madame, ich heiße Eliacin!" Eugenie konnte sich nicht enthalten, über diesen drolligen Auftritt zu lachen, küßte das kleine Ding, nahm den von ihr dargebotenen Strauß an, warf auf ihren Reisemantel ab und stellte sich ggrößten Freude der hochrufenden Menge neben den Kaiser ans Fenster. Die Kaiserin dachte noch oft an diese Szene, und wenn sie auf solchen Reisen wieder einmal Feuerwehrleute zu begrüßen oder weißgekleidete Mädchen zu küssen hatte, wendete sie sich zuweilen zu ihrem getreuen Fleury und flüsterte ihm zu
"Ich heiße Eliacin!"

17. Juni 2008

François-Joachim de Bernis - Kardinal, Botschafter und Lebemann



Heute stelle ich euch die schillernde Biographie des Kardinal de Bernis vor.
Kardinal de Bernis bildet den Anfang eines Reigen von Persönlichkeiten die im Umfeld von Louis XV. herausragende Karrieren hingelegt haben.
Ludwig XV. hatte die Bestellung seiner Vertrauten sehr umsichtig gestaltet und unabhängig ihres Standes Augenmerk auf starke Charaktere, charismatische Ausstrahlung und Hingabe zur Aufgabe gelegt.


Der folgende Artikel ist von Alipius, ungekürzt aus dem lesenswerten Google blog:
Rom Römer am römsten ,wiedergegeben.


Ich weiß auch nicht, warum die zwiespältigen Biographien es mir häufig so angetan haben. Jedenfalls stand und steht Francois Joachim de Pierre Kardinal de Bernis ganz oben auf meiner Liste der historischen Persönlichkeiten, bei denen ich gerne mal Mäuschen gespielt hätte.

Gründe dafür sind die Aufs und Abs in seinem Leben, die unzähligen Anekdoten, die sich um ihn ranken, seine zugleich dreiste und doch irgendwie sympathische Bombasterei als französischer Botschafter beim Heiligen Stuhl und vor allem auch seine späte aber ehrliche Konversion zu einem Leben in Gottvertrauen und Stille.

Man stelle sich das mal vor: Da wird ein Bub im Jahre 1715 in eine traditionsreiche aber verarmte französische Adelsfamilie hineingeboren und zum geistlichen Stande bestimmt. Als ob das automatisch einen Parade-Priester hervorbringt. Ganz und gar nicht: Für den jungen Francois bedeutete der Titel "Abbé" erst einmal nichts weiter, als das Tragen einer Tonsur und schwarzer Kleidung. Auf der To-Do-Liste des komplett weltich orientierten Herrn standen ganz andere Dinge: Ein Entfliehen aus der für einen Mann seiner Herkunft unwürdigen Mittellosigkeit und das Erlangen eines Namens, der mit der Bedeutung der Familie konform geht. Das Projekt lief eher schleppend an. Zwar wurde De Bernis Mitglied in zwei Domkapiteln und aufgrund seiner schriftstellerischen (besonders dichterischen) Fähigkeiten gar Mitglied der Academie Francaise. Aber die Vita des Abbé kam erst richtig in Fahrt, als er Bekanntschaft mit der künftigen Madame Pompadour machte. Die zwei mischten für einige Jahre den französischen Hof ein wenig auf. Wenn die Folgen der Pompadourerei für Versailles auch verheerend waren, bedeuteten diese Jahre für De Bernis immerhin ein hübsches Einkommen, einer hübsche Pension und endlich den hübschen Posten des Französischen Gesandten in Venedig (1752-1755).

Hier wird der Abbé zum ersten Mal für ein breiteres Publikum erfaßbar: Der "größte Liebhaber aller Zeiten", Giacomo Girolamo Casanova de Seingalt, macht in seiner Biographie ein wenig Platz für De Bernis. Dies so spektakulär, daß der gute Kardinal der Nachwelt zum größten Teil als "der Pfaffe, mit dem Casanova ein Schnittchen teilte" in Erinnerung ist. Keine Ahnung, wie doll der Abbé es damals wirklich trieb. Es scheint, als war sein Interesse an der berühmt-berüchtigten Nonne "M.M." (wie auch später in Rom im Falle der Prinzessin Santa Croce) eher erotischer als sexueller Art. Ob De Bernis nun ein Hansdampf in allen Betten, ein verunsicherter Voyeur oder nur ein händchenhaltender Romantiker war: Ich lasse den ersten Stein mal liegen.

Für die Geschichtsschreibung greifbar wird der Abbé dann wieder in Frankreich. Sein Venedig-Auftritt wurde als ziemlich erfolgreich eingestuft und brachte ihm das Wohlwollen der französischen Krone und des Papstes ein. Hier ist (zumindest für mich, der ich kein Historiker sondern nur plumper Konsument diverser De Bernis-Biographien bin) ertsmals ein Hauch von Konversion spürbar. Wahrscheinlich erkannte der Abbé, daß eine Zukunft im Talar eine nicht uninteressante Option ist. Immerhin empfing er noch vor der Rückkehr nach Frankreich vom venezianischen Patriarchen die Weihe zum Subdiakon.

In Frankreich wartete die Beförderung zum Außenminister (1756), ein Job, der leider alles andere als glücklich verlief: Am Ende des Siebenjährigen Krieges war es De Bernis, dem der geballte Zorn des Hofes galt. Berechtigt ist dies nur zum Teil, denn die Weichen für die neue Politik wurden bereits von seinem Vorgänger gestellt und die französischen Generäle, die im Siebenjährigen Krieg kämpften, waren überwiegend Pompadour-Kreaturen und daher Looser in flotten Uniformen. Da aber der Abbé beim Aufstieg der Pompadour mitspielte, muß er sich schon den ein oder anderen Vorwurf gefallen lassen. Naja, jedenfalls wurde er vom König erst einmal vom Hof in die Abtei Vic-sur-Aisne verbannt. Normalerweise war dies für einen aufstrebenden aristokratischen Court Lizard der soziale Tod. Für De Bernis war es genau die Pause, die er brauchte.

Er schrieb, grübelte, betete, ließ sich zum Diakon und Priester weihen und wurde Vegetarier (aus Gesundheitsgründen). Der Papst war schließlich der Erste, der sich an die Verdienste des Abbé erinnerte. Er machte ihn im Jahre 1758 zum Kardinal. Der französische Hof zog dann auch nach. Der Groll Ludwigs des Fünfzehnten verflog und De Bernis wurde im Jahre 1764 Erzbischof von Albi. Hier bestach er durch ein reges Interesse an den Geschehnissen in seiner Diözese. Ich habe zwar all meine Biogrphien daheim im Stift, aber ich erinnere mich gut an eine englischsprachige Vita, in welcher der Kardinal als eine "scheinbar an allen Orten zugleich auftauchende Feuersäule" beschrieben wird. Auch nutzte er seine Jahre in Albi, um schon mal ein wenig für den Höhepunkt in Rom zu proben: Er motzte die erzbischöfliche Residenz und die dazugehörigen Gärten auf, hielt aber zugleich auch ein Auge auf die Bedürfnisse seiner Schäfchen: Als die Diözese von schweren Unwettern und Überschwemmungen heimgesucht wurde, entleerte De Bernis nicht nur seine Privatschatulle, sondern nahm auch noch Kredit auf, um zu helfen. Sprich: De Bernis erwarb sich einen anständigen Ruf, der ihm sicherlich dabei behilflich war, den Gipfel zu erklimmen: Im Jahr 1769 wurde er zum Französischen Botschafter in Rom ernannt. Mit diesem Titel waren nicht nur Ansehen und Ehren, sondern auch ein beachtlicher Haufen Extra-Kohle verbunden, so daß De Bernis, als er einmal in Rom eingetroffen war, praktisch über Nacht vom wohlhabenden Mann zum Millionär wurde.






Es steht geschrieben, daß der Kardinal in Rom die erstaunlichste diplomatischte Niederlassung der Geschichte aufbaute. Das mag stimmen oder auch nicht. Fest steht, daß er in der Tat weder Kosten noch Mühen scheute, als Botschafter Frankreichs die Liebe zu seinem Land und zu seinem König in allen Aspekten auch äußerlich zum Tragen zu bringen. Auf dem Corso wurde der riesige Palazzo de Carolis bezogen (Bild links; heute Hauptniederlassung der Banca di Roma) und ziemlich erlesen ausgestattet. Ein Heer von Angestellten und Mitarbeitern wurde eingestellt. Das Botschafteramt verbunden mit der Kardinalswürde führte dazu, daß, wenn De Bernis mit seiner Entourage in offizieller Funktion sich vom Palazzo de Carolis zum Vatikan begab, sein Treck von bis zu 14 (vierzehn) Karossen ein Umleiten des Verkehrs in Halb-Rom erforderte.

Unter den Angestellten des Botschafters ist sicherlich der Koch besonders hervorzuheben. De Bernis war ein geselliger Kerl und bewirtete an einem normalen Tag durchschnittlich 20 Gäste an der Abendtafel. Daß diese Gäste mehr wollten als Curry-Combi und Pommes-Schranke, ist klar. Und sie bekamen mehr. Noch in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts, fünf Jahrzehnte nach dem Tod des Botschafters, wurde von seiner Küche mit ehrfürchtigem Ton gesprochen, so als umwehte sie ein Hauch von Heiligkeit. Das Nobel-Futter war nicht nur Selbstzweck. Immerhin trug der Botschafter mit seiner Tafelrunde seinen Teil dazu bei, daß die europäischen Mächte sich in Form ihrer Gesandten im Palazzo de Carolis zwanglos begegnen konnten und somit eine gewisse Harmonie aufrecht erhielten.

Es gibt eine nette Anekdote über den Koch des Kardinals: Dieser wurde eines Tages beauftragt, einen besonderen Fisch (habe leider vergessen, welchen) in größtmöglicher Ausführung zu kaufen. Er fand das Gewünschte auf einem Markt und wollte schon zulangen, als der Koch des spanischen Botschafters auftauchte und ebenfalls Interesse bekundete. Nach einem kurzen "Ich bin der Koch des Botschafters von Frankreich!" - "Und wenn schon! Ich bin der Koch des Botschafters von Spanien!" folgte reges Feilschen, welches ein Ende fand, als der spanische Koch eingestand, er müsse erst die Erlaubnis seines Herrn einholen, bevor er so viel Geld für einen Fisch ausgibt. Er trottete davon und De Bernis' Koch - an kein Limit gebunden - schlug zu. Die Menge der Schaulustigen, die sich mittlerweile angesammelt hatte, ließ darauf den französischen Botschafter spontan hochleben.

Und nicht nur im Palazzo wurde dick aufgetragen: Wenn es galt, ein Ereigniss wie z. B. die Geburt des Dauphin zu feiern, verwandelte De Bernis seine Kirche San Luigi dei Francesi (Bild) in ein Opernhaus voll von überdrehter Barock-Dekoration. Daneben war der Kardinal aber auch großzügig und spendabel, sei es im Großen (er finanzierte jährlich die Hochzeiten von Dutzenden von Waisenkindern) oder im Kleinen, wie diese Anekdote zeigt: Zum Inner Circle des Kardinals gehörte ein alter und einfacher französischer Abbé. Dieser Mann hatte im Laufe der Jahre eine gewisse Zuneigung zu De Bernis entwickelt, konnte aber die Gegenwart des Kardinals nie richtig genießen, da er aufgrund seiner sozialen Stellung bei Tisch immer viel zu weit vom Hausherrn entfernt saß. Eines Tages wurde De Bernis auf diese Problematik aufmerksam gemacht. Bevor man sich zum Speisen niederließ ging er zum Abbé und sagte etwa: "Ich kann Euch heute bei Tisch sicherlich nicht oft in die Augen schauen oder Eure Anwesenheit geziemend würdigen. Wenn ihr aber seht, daß ich meinen Finger auf diese Art an meinen Nasenflügel lege, dann wißt Ihr, daß ich in diesem Moment an Euch denke." Geigenklang und Vogelgezwitscher, aber so steht es geschrieben und - wie die Italiener sagen: "Se non e vero, e ben trovato!"

Ein Kardinal im Rom des 18. Jahrhunderts war quasi gesetzlich verpflichtet, eine Beziehung zu einer Dame der Gesellschaft zu pflegen und so für Klatsch und Tratsch zu sorgen. Tat er dies nicht, so sorgte er für umso mehr mehr Klatsch und Tratsch. De Bernis' Erwählte war die Prinzessin Santa Croce. Auch hier gibt es eine wilde und in neueren Publikation nicht mehr überlieferte Legende: Während der Papstwahl im Jahre 1775 war De Bernis der von den Bourbonischen Mächten auserkorene "Papstmacher". Erstens hatte er diese Rolle bereits 1769 gut ausgefüllt und zweitens hielt man ihn für unjesuitisch genug. Der Kardinal selbst hatte aber so gar keine Lust auf Kirchen- oder Europapolitik, schmachtete er doch gleich nach dem Betreten des Konklave nach seiner Prinzessin. Da seine Box am Ende einer der Reihen stand, ließ er kurzerhand ein Loch in eine Seite brechen und mit Tuch verhängen, so daß er nach Lust und Laune kommen und gehen konnte. Zwar wußte bald Jedermann und seine Mama vom Hintertürchen ins Paradies, offenen Widerspruch gab es aber wegen der Wichtigkeit des Französischen Botschafters nicht. Naja...

Jedenfalls lebte der Kardinal lange genug, um die Folgen der französischen Revolution selbst in Rom zu spüren. In der englischen Biographie gibt es einen netten Absatz. Beschrieben wird eine fiktive Situation, in welcher De Bernis im Jahr 1789 in seiner Kutsche durch Rom rollt. Eine gepuderte Perücke auf dem Haupt, sich aus einer juwelenbesetzten Schnupftabakdose bedienend, schaut er aus dem Fenster und sieht einen jungen Kerl mit langen Hosen und noch längerem braunen Haar. Und er weiß, daß dieser Mann auf eine Zukunft hindeutet, die er, der Kardinal, nicht verstehen wird.

Und - klar genug - so kam es dann auch: Da er Aristokrat und Prälat war und darüberhinaus sich im Ausland aufhielt, wurde er als Emigrant eingestuft, was dazu führte, daß sein Besitz in Frankreich geplündert, verschleudert oder zerstört wurde. De Bernis nahm es mit Schulterzucken und anständigem Humor. Dazu wollten die neuen Machthaber in Frankreich, wenn überhaupt, so sicherlich keinen Kardinal als Gesandten im Rom, so daß De Bernis nicht nur auf seine Einkünfte aus seiner Diözese und seiner Abtei sondern auch auf sein Botschafter-Gehalt verzichten mußte. So stieg er dann im Jahre 1791 den Hügel wieder hinab und sank von Überfluß in Mittellosigkeit (denn der Kardinalstitel alleine brachte schon damals nichts ein). Immerhin machte der spanische Hof eine Rente locker, so daß De Bernis nicht das gesamte Mobiliar des Palazzo de Carolis verkaufen mußte. Der schwächelnde Kirchenfürst gewährte den aus Frankreich geflohenen Tanten des Königs Unterschlupf in seinem Haus. Als dann im Jahre 1793 König Ludwig XVI ermordet wurde und der Kult der Vernunft den Katholizismus in Frankreich praktisch auslöschte, wußte De Bernis, daß die Welt, die er kannte und liebte, nicht mehr existierte. Da sah wohl auch der Kardinal nicht ein, warum er sich noch krampfhaft ans Leben klammern sollte. Noch grade rechtzeitig gedachte er der "Vanitas vanitatis" und verbrachte sein letztes Jahr in einem nun leeren, stillen und dunklen Palast damit, sich ernsthaft und fromm auf das Ende vorzubereiten. Er verstarb am 3. November 1794

1. Juni 2008

Maria Magdalena und Frankreich


Maria Magdalena,eine Figur mit der wir uns in diesen Beitrag beschäftigen, hat durch das Interesse von Dan Brown und seinem Roman, für einige Zeit großes Aufsehen verursacht.
Nur wenige Figuren der Geschichte geben reichlich Stoff durch Legenden und Erwähnungen an prominenter Stellen in den Evangelien und sind so wenig mit Fakten zu belegen wie die von Maria Magdalena.

Nur in wie weit lässt sich eine Verbindung von der historischen Figur aus den Evangelien zu der Geschichte Frankreichs herstellen?

Maria Magdalena in den Evangelien

Auf dem Fundament der offiziellen Evangelien kann man mit den modernen Arbeitsbüchern des Neuen Testaments recht gut vorankommen:
Maria Magdalena stammte aus dem kleinen Fischerdorf Magdala oder Migdal am Nordwestufer des Sees Gennesaret. Die Magdalenerin war offenbar unverheirater, finanziell unabhängig und führte ein selbstbestimmtes Leben. Die Begegnung mit Jesus bewirkte eine Abwendung von Ihrem bisherigen Lebensstil. – Bei Lk 8,2 finden wir folgenden Text:
„Einige Frauen, die er von den bösen Geistern und von Krankheiten geheilt hatte, begleiteten Jesus: Maria von Magdala, aus der sieben Dämonen ausgefahren waren; Johanna, die Frau des Chuzas, eines Beamten des Herodes, Susanna und viele andere. Sie alle unterstützten Jesus und die Jünger mit dem was sie besaßen.“ Auffällig ist, dass Lukas der gerne das Ideal der Armut hervorhebt, an dieser Stelle nur vermögende Frauen nennt, die überdies in Beziehung zum Haus des römischen Hauses des Herodes, des Landesherrn Jesus, stehen.
Weiters hatte Jesus, Maria Magalenas Bruder Lazerus, von den Toten erweckt.
Die Neuorientierung bei Magdalena ist so nachhaltig, dass sie von jetzt an ständig seine Nähe sucht. Sie nimmt das Leben der Jünger auf sich, und ist bei Jesus, als er zum letzten Paschafest in Jerusalem einzieht. Sie ist wohl auch Zeugin als Jesus öffentlich von Pilatus verhört wir, und sie folgt ihrem kreuztragenden Herrn bis an den Ort der Hinrichtung. Die Römer die die Angehörigen eines Verurteilten möglichst weit vom Kreuz fernhielten, konnten die Entschlossene nicht davon abbringen, dass sie nahe bei ihren Meister und Retter bleiben wollten. Alle vier Evangelisten bezeugen, dass Maria Magdalena beim Kreuz stand und dort eine Art Ehrenwache hielt. So wurde sie auch Zeugin, dass Jesus in das Einzelgrab des Josef von Arimathäa gelegt wurde. – Hier wollen wir nur auf den erstaunlichen Umstand hinweisen, dass die ersten Personen, denen sich der Auferstandene zeigt, Frauen waren. Diese Frauen blieben, anders als die Apostel, ihrem Meister auch in dieser Stunde der Gefahr eng verbunden und hielten ihm über den Tod hinaus die Treue.
Über den weiteren Lebensweg von Maria Magdalenas ist in den Evangelien nicht mehr zu finden.

Die Entstehung von Legenden:

Da wir jetzt die neutestamentarischen Überlieferungen, die Zeugnis über Maria Magdalena verlassen, die streng historisch wenig Wahrheitsgehalt bieten.
Für die frommen Christen des Mittelalters, die vorwiegend Erbauung suchten, waren biblische Gestalten schon immer exemplarische Figuren, mit denen man sich identifizieret hat. Das heißt man hat diese Figuren nicht primär objektiv betrachtet als Personen, die ihr ganz persönliches Schicksal durchlebt haben. Man hat sie eher als Typen gesehen, als anziehende oder abschreckende Beispiele, die einem sagten: So hättest du auch sein können. Stelle dir vor, du wärst Jesus begegnet, als Mann oder Frau, wie hättest du ihn erlebt. Wie hättest du sein Leben, sein Scheitern seinen Tod und seine Auferstehung gesehen?
Aus solchen Einstellungen heraus hat man biblische Gestalten meditiert, ihr Verhalten Jesus gegenüber durchdacht und ausgeschmückt.
Streng historisch betrachtet mögen Heiligen-Legenden ohne Wert sein, sie sind ja keine Protokolle realer Ereignisse, Aber sie verraten sehr viel über den Seelenzustand derer, die diese Legenden entwickelt und geglaubt haben.
Die heilige Magdalena an sich ist uns kaum mehr zugänglich auch die wenigen Hinweise der Evangelisten sind alle subjektiv gefärbt, und die habe größeren Einfluss auf christliche Gemüter ausgeübt als die Auskünfte der historischen Forschung.

Außerbiblische Fortsetzung

Im weiteren Verlauf entfernt sich die Legende immer mehr aus der biblischen Umwelt. Nach der Steinigung des Stefanus, als allmählich eine Christenverfolgung in Judäa einsetzten, wurde Maria und Marta und Lazarus, die Geschwister waren auf ein Schiff gebracht und auf das offene Meer hinausgestoßen, damit sie dort ums Leben kämen. – Aber durch Gottes Fügung gelangte da Schiff nach Marseille, wo man sich gegen die Schiffbrüchigen zunächst gar nicht freundlich zeigt. Marta, Maria und Lazarus, (der Lazarus den Jesus wieder zum Leben erweckt hatte!), kampierten in der Nähe eines Tempels.
Als nun die Bewohner kamen, um ihren Göttern zu opfern, trat ihnen Maria als christliche Missionarin entgegen. Durch die Schönheit ihres Antlitzes und die Süße ihrer Rede machte sie großen Eindruck auf die Leute. Eines Tages kam auch der Fürst des Landes mit seiner Gemahlin zum Tempel, um zu opfern, denn er wollte die Götter bitten, dem Herrscherpaar endlich Kinder zu schenken, Natürlich predigte Maria auch diesem Paar den wahren, christlichen Glauben. Und wie zu erwaten, bekam der Fürst bald einen Sohn, Nun kümmerte er sich darum, dass die Fremden endlich menschenwürdig untergebracht wurden, dann bekehrte er sich zum Christentum, zerstörte die Tempel und baute christliche Kirchen. Und der Flüchtling Lazarus wurde in seinen alten Tagen noch Bischof von Marseille.
Maria Magdalena aber zog sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück Es drängte sie zu einem Leben in Beschauung und sie ging als Einsiedlerin in die Wildnis.
Irdische Nahrung brauchte sie nicht mehr, Sie wurde siebenmal am Tag von den Engeln in die Lüfte erhoben, wo sie die Lobgesänge der himmlischen Heerscharen vernahm. Äußerlich lebte Maria fast wie ein Tier unter Tieren, und die Legende unterstreicht diesen Zug, indem sie ihr ein Fellkleid zuschreibt, das allmählich ihren ganzen Körper bedeckt, und das man gelegentlich in spätmitteralterlichen Darstellungen antrifft.
Als einmal ein Priester, der ebenfalls als Eremit lebte, bei Maria Magdalena vorbeikam, fand er sie in ihrer Zelle eingeschlossen. Er gab ihr seinen Mantel, den legte sie sich um und ging mit dem Priester in eine Kapelle. Dort empfing sie das hl. Abendmahl und entschlief neben dem Altar.

Achthundert Jahre später


Zurzeit von Kaiser Karl dem Großen lebte in Burgund ein frommer Herzog mit Namen Girard. Weil er keine Nachkommen hatte, verwendete er sein Vermögen für den Bau von Kirchen und Klöstern und zur Fürsorge für die Armen. – Als er das Kloster Vèzelay gegründet hatte, schickte er einen Mönch aus, damit der die Gebeine der seligen Maria Magdalena hole. Die Stadt Aix, in der Maria ihre letzte Ruhe gefunden hatte, war inzwischen zerstört worden, aber der Mönch entdeckte ein Grab mit Reliefs, die das Leben Marias Darstellten. Er öffnete es und nahm die Reliquien an sich. – Die Heilige erschien ihm in der Nacht und ermutigte ihn, das begonnene Werk zu Ende zu führen. Da machte der sich der Mönch auf den Heimweg. Aber als er nur noch eine halbe Meile von seinem Kloster entfernt war, konnte er die Reliquien nicht mehr von der Stelle bewegen. Der Abt und der ganze Konvent mussten der Heiligen entgegengehen und die Gebeine mit großen Ehren zu der neuen Ruhestätte geleiten- So weit die Grundzüge der frommen Erzählung.
Durch diese Erzählung konnte man den Wallfahrern die nach Vezaly kamen die Entstehung des Heiligtums erklären und durch Legenden, dies es mit wunderbaren Gebetserhörungen zu tun haben soll das Vertrauen des Pilgers geweckt und gestärkt werden.
Ob Maria Magdalena jemals Frankreich erreicht hat oder in wie weit die Legenden doch ein Körnchen Wahrheit enthalten bleibt jeden frei zu urteilen.













auszugsweise zitiert aus der Zeitschrift "im Land des Herrn" Franziskanische Zeitschrift für das heilige Land von Siegfried Grän OFM