25. Dezember 2007

Die Hofburg

Die gezeigten Bilder zeigen die Antecameras, den Zerimoniensaal und den großen Ballsaal in der 1. Etage der Wiener Hofburg. Die Bilder entstanden anläßlich einer Feier im Dezember 2007. Die gezeigten Räume wurden zur Zeit Maria Theresias neu gestaltet und wurden bei der Taufe von Marie Antoinette erstmalig genutzt. Die Ausstattung ist mit kleinen Adaptierungen noch wie im 18 Jahrhundert.
Die gezeigten Räumlichkeiten wie Trabatenstube und Ritterstube waren Vorräume zu den Audienzgemächern der Kaiserin. Die Audienzräume selbst sind heute dem österreichischen Bundespräsidenten vorbehalten und nicht zugänglich.










21. November 2007

Service à la française

Die gängigste Art im 18. Jahrhundert bei Hofe Speisen aufzutragen, war der so genannte service à la française (französischer Service). Bei diesem Service wurden die Speisen in verschiedenen Serien aufgetragen, die jeweils aus zahlreichen verschiedenen Gerichten bestanden. Wenn alle Platten der ersten Serie abgetragen waren, brachte man die Platten der zweiten Serie. Sämtliche Terrinen, Platten und Schüsseln der ersten Serie wurden oft schon aufgetragen, bevor die Gäste sich zu Tisch begaben. Dann bedienten sich die Gäste entweder selbst oder die größeren Gerichte wurden nach der Präsentation wieder abgetragen, vom Personal am Nebentisch tranchiert und anschließend wieder vorgelegt. Dieser Service war zwar ein Augenschmaus, hatte aber auch erhebliche Nachteile. Die Speisen waren nicht selten kalt, bis sie zum Verzehr auf den Teller kamen. Schließlich war diese Prozedur durch das gleichzeitige Auftragen der Serien, auch sehr personalintensiv. Von den Speisen wurde oft nur gekostet und von den Weinen und Likören nur genippt. Haupziel dieser Art, die Speisen aufzutragen war weniger der Genuss des Essens, als vielmehr und im 18. Jahrhundert sehr verbreitet, die Demonstration des eigenen Reichtums.
Der moderne französischen Service sieht denn auch etwas anders aus. Vor und Nachspeisen werden vom seitlich aufgebautem Büfett portioniert, während die Hauptspeisen und Beilagen auf Réchauds auf dem Tisch meist zur Selbstbedienung stehen.


Abendliches Menue der Marquise de Pompadour
im Schloß Choisy um 1752


Dormants:
Hammelbrühe
Gemüsesuppe Financière

Vorspeisen:
Poulardenfilets à la Monglas
Gurkenklein
Tauben mit ganzen Trüffeln
Pute à la Villeroy
Hirnwürstchen von Kanninchen
Pastetchen à l´Espagnolle
Hühnchen auf polnische Art
Rebhunfilets in Saft
Turteltauben auf italienische Art
Kalbsfilet auf Wildart
Ragout von Rebhuhn
Fasanfilet à la Chirac
Hühnerflügel en surprise

Relevès:
Ochensenlenbraten in Saft
Lammrücken
Kalbsviertel
Fasanpastete

Entrements:
Pastetchen
Kuchen aus Compiègne

Braten:
Enten aus Rouen
Rebhühner
Regenpfeifer
Junge Hühner
Fasanen
Wachteln

Entrements:
Schinken
Gebackenes mit Pfirsich
Cremè à la Genest
Eier in Kalbsbrühe
Blumenkohl mit Parmesan
Truthanfüße à la St. Ménéhould
Kleine Zungen
Appetithappen
Geschlagene Créme
Gebackenes Kalbshirn
Ragout à la Provencale
Artischockenherzen
Artischocken in Singara

18. November 2007

Das Palais Royale


Bus- und Métrostation führen seinen Namen, und doch ist das, was den Zauber des Palais-Royal ausmacht, sein ringsumschlossener Garten, nur schwer zu finden. [...] Er öffnet sich nur durch Säulenreihen, Winkelgängen und versteckte Passagen, deren Einlässe man kaum wahrnimmt. Ein Ort der Stille im Herzen von Paris, ein langer, klassischer Garten, wundervoll eingefaßt. Diese Einfassung ist von einer architektonischen Noblesse ohne Fehl.
Anfangs trug [das Palais-Royal] den Namen Palais-Cardinal. Das ging so zu: Richelieu hatte 1624 das Hôtel de Rambouillet erworben, den Treffpunkt der "Preziösen", eines Zirkels von Damen der Aristokratie um die Marquise de Rambouillet, der Umgangsform und Ausdrucksweise der Epoche zu veredeln trachtete - die "Kostbaren" besitzen einige historische Bedeutung, denn sie sollten die französische Hochklassik der Sprache vorbereiten, allerdings auch ihre metaphorische Gespreiztheit. Das Hôtel war ein großes Gebäude des 14. Jahrhunderts, dem man nachsagte, es stamme aus einer "rauhen, kraftvollen Epoche". Der Kardinal gedachte daraus eine seiner Persönlichkeit würdige Behausung nach eigenem Geschmack zu machen. Man begann damals eben, die Mauern Karls V. zu schleifen. Von dem verfügbaren Terrain ließ sich der allmächtige Minister gewisse Partien zuteilen. Er kaufte obendrein anschließende Ländereien und ließ ein großes Rechteck abstecken, das in einen Garten verwandelt wurde. An der Südseite entstand sein Hôtel, eher ein Palast. Von dem alten Bau ist freilich nur eine, zudem sehr veränderte Galerie übriggeblieben, die noch immer die berühmten Flachreliefs von früher schmücken. Sie stellen Schiffsschnäbel und -anker dar, um zu symbolisieren, daß der einstige Erbauer gleichzeitig Oberintendant der Seefahrt unter Ludwig XIII. war. Molière ließ in "Le Menteur" durch Géronte mit einem Grau Ironie die Großartigkeit der Kardinalsbehausung dergestalt preisen:
"L'Univers entier ne peut rien voir d'égal
Aux superbes debors du Palais-Cardinal,
Toute une ville entière, avec pompe bâtie,
Semble d'un vieux fossé par miracle sortie."
Zwei Jahre vor seinem Tod hatte der Kardinal das Palais Ludwig XIII. vermacht, um allen den Mund zu stopfen, denen seine Prunksucht Anlaß zu Gerede gab. In der Tat, das aufwendige Bauwerk, von dem Molière sprach, hatte obendrein lange gebraucht, um fertig zu werden. Es gab sogar Ärger - Richelieu vermochte nicht, eine gewisse Reihe von Häusern an sich zu bringen, die eine wenig ansehnliche Enklave bildeten. Aber das Innere mag ihn getröstet haben. Es zeigte sich von einer Großartigkeit, die fast jener seines Schlosses südlich der Loire glich, das seinen Namen trug und noch trägt.
Nach dem Abbruch der Porte Saint-Honoré und der Umwallungen erneuerte man das gesamte innerstädtische Viertel dahinter. Im Westen des Palastes legte man eine große, gradlinige Straße an, wie man sie nie zuvor gesehen hatte. Natürlich hieß sie Rue de Richelieu und erweckte die Bewunderung von Paris. Das berühmteste Teilstück des Kardinalspalastes war sein großer Theatersaal, den man 1641 eröffnete. Aufführungsstätten gab es im damaligen Paris nicht viele; es waren meist kleine, improvisierte Bühnen, auf denen man gelegentlich spielte. Er sollte das Schauspielhaus Molières werden, als er das Petit-Bourbon verlassen mußte.
Richelieu starb [...] am 4. Dezember 1642, und Ludwig XIII. sechs Monate später. Anna von Öster- reich, für die ihr alter Wohnsitz im Louvre mit soviel trüben Erinnerungen belastet war, wählte den ihr zugefallenen Palast als Behausung - seither nannte man das stolze Bauwerk das Palais-Royal. Sie zog dort mitsamt ihrem Sohn ein, den man, derzeit noch ein Kind, bald "Louis le Grand" nennen sollte. Es war Ludwig XIV.
Die Bedeutung des Palais-Royal schwand buchstäblich mit dem Bau von Versailles. Aber mit dem nachfolgenden Regenten aus der brüderlichen Familie d'Orléans kam es dennoch erneut zu einem unerwarteten Ruhm. Mit geistiger Überlegenheit die Gehässigkeiten und Umtriebe der nachgebliebenen, überalterten Hofhaltung des 1715 gestorbenen Ludwigs XIV. hinnehmend, ergriff Philippe II. d'Orléans für den minderjährigen Ludwig XV., Enkel seines Namensvorgängers auf dem Thron, für acht Jahre die Macht. Für Orléans verkörperte sich in Versailles allzuviel Intrige, allzuviel langweiliges Zeremoniell, als daß er dort hätte residieren mögen. Im Palais-Royal richtete er sich sein tägliches Leben in völliger Zwanglosigkeit ein, als Staatsmann arbeitsam wie er war, während er sich nachts Ausschweifungen hingab. Er überließ das Parterre der immer schwächlichen Madame d'Orléans und bezog die erste Etage. Die Ausstattung ließ er von Oppenord im modischen Zeitgeschmack erneuern. Coypel malte für diese Ausgestaltung die Geschichte des Äneas in vierzehn Bildern. Die Wände waren mit karmesinrotem Damast bespannt, die weißen Decken goldgestreift. Spiegelscheiben reflektierten die Auflegearbeiten und das Blitzen der Lüster aus Bergkristall. Die Rosenfarbe, Symbol des Verführe- rischen, brachten die "petits appartements" bald ins Gerede. Ein Durchgang verband sie mit den "bals publics" der Oper, den öffentlichen Maskenbällen, auf denen sich das Régime den sehr berechtigten Vorwurf der Schamlosigkeit erwarb. Der Regent nahm lebhaften Anteil am damaligen Frühling der Künste und Wissenschaften, der für sein Zeitalter kennzeichnend bleibt und auch ein Lenz der Sinne war. Mochte eine Frau die Liebhaberin für eine Nacht oder für einen Monat gewesen sein, niemals sollte ein weibliches Wesen auch nur einen Blick in die Staatsgeschäfte tun.
1730, schon unter Ludwig XV., wird der Park durch Claude Desgots, einen Neffen Le Nôtres, verändert. Hüben und drüben der großen Mittelallee pflanzt er Reihen von Ulmen, die den Durchblick auf ein dekoratives abschließendes Gitterwerk freigeben. Dahinter führt eine Treppe hinab und gewährt Zugang zur Rue des Petits-Champs.
Ludwig XIV. - dies ist nachzuholen - hatte das Palais, entgegen dem Testament Richelieus, 1692 seinem Bruder, dem Herzog von Orléans nebst dessen männlicher Nachfolge übertragen. Ein Urenkel des Regenten, Philippe Herzog von Chartres und später fünfter Herzog von Orléans, derselbe, der seit 1792 den Namen Egalité annahm, um seine republikanische Gesinnung zu bekunden - dieser Orléans- Sproß wird zum Urheber einer Umgestaltung von großer Tragweite. Unter ihm vollzieht sich eine monumentale Umwandlung des Parks und die Anlage von Galerien, will sagen, eines langgestreckten Häuservierecks in nördlicher Richtung. Lebhaften Geistes, unternehmend dazu, jeder Neuheit offen, verschwenderisch bis zum Exzeß, hatte er sich stark verschuldet. Um sich aus der Klemme zu ziehen, verfiel er auf den Gedanken, aus seiner weitläufigen Erbschaft Gewinn zu schlagen. Die Anlieger seines Parks hinter dem Palais-Royal mißbrauchten die Lage ihrer Häuser ohnehin und fanden es ganz natürlich, gastliche Zusammenkünfte und Musikveranstaltungen vor ihrer Haustür, mithin im prinzlichen Garten, zu veranstalten. Damals kam, vornehmlich bei dem Herzog selbst, der Gedanke auf, rings um die Anlagen eine große Häuserzeile für Mieter und Käufer anlegen zu lassen, wobei sich der Garten um etwa ein Drittel der Fläche verkleinerte. In den Untergeschossen der Bauten sollten überdachte Galerien Geschäftslokalen Platz gewähren, während die oberen Etagen Wohnzwecken vorbehalten blieben. Die Zuwege wollte man durch die rückwärtigen Fassaden führen, und zwar mittels den Häuserzeilen entlang laufender Straßen, denen Philippe d'Orléans die Namen seiner Kinder gab. Valois, Beaujolais und Montpensier. Die drei Straßen haben ihr ursprüngliches Aussehen bis heute bewahrt.
Als der Plan des Herzogs von Chartres zur Umwandlung seines Gartens in ein umbautes Gelände Gestalt annahm, schrie jedermann Zetermordio, als sei es sein eigener Garten. Trotz der Öffentlichkeit, die jenen Spazierpark als rechtmäßige Erholungsmöglichkeit für jedermann betrachtete, und trotz allgemeiner Empörung ließ der Prinz die Axt an die Bäume legen, in deren Schatten einst zur Zeit des Regenten die heimlichen Rencontres mit den weiblichen Mitgliedern des Opernensembles stattfanden. Niemals und nirgendwo hatten diese Theaternymphen, sofern sie rechtschaffen waren, mehr erröten müssen, als in dieser fast allzu bekannten Allee! Fast konnte man den Park des Palais-Royal als den schönsten Ballsaal von Europa betrachten. In wenigen Stunden wurde er vernichtet! Als die Bäume trotz der so laut aufbegehrenden Öffentlichkeit am Boden lagen, schwieg das Publikum. Wie es scheint, gewannen die Pariser, nachdem der Prinz seinen Plan verwirklicht hatte, entgegen ihrem sonstigen Widerspruchsgeist bald den Eindruck, daß die neue Promenade Glanz mit Behagen verband, und daß sie der früheren noch vorzuziehen sei.
Der Park des Palais-Royal war gleicherweise von der Aristokratie, der Bürgerschaft und dem einfachen Volk besucht. Er bildete außerdem einen Treffpunkt der Künstler, der Schriftsteller und jener Schreiber, die uns von dem damaligen Pariser Leben berichtet haben. Er diente nicht zuletzt als bevorzugtes Jagdrevier der leichten Mädchen.
Seit dem Regenten besaß das Palais-Royal den Ruf von Liberalität, nein Libertinität und Verschwendung. Die Freizügigkeit der Sitten konnte sich immer provozierender und um so dreister zur Schau stellen, als die Polizei nicht das Recht besaß, in die prinzliche Domäne einzudringen. Die Freiheitlichkeit, die im Palais-Royal herrschte, und die sehr weitgehende Liberalität seines Eigentümers half zu einem guten Teil jenen Gruppen, die zur Verbreitung revolutionären Ideen beitrugen. Am 12. Juli 1789 sollte Camille Desmoulins auf einen Tisch vor dem Café de Foy springen und zu den Waffen aufrufen.


Louis-Philippe d'Orléans, Mitglied des Konvents, glaubte seinen Kopf vor dem Fallbeil zu retten, indem er für den Tod des Königs stimmte. Das ihm gehörige Palais-Royal nannte man daraufhin das "Palais-Egalité" und seinen Park "Garten der Revolution", was keineswegs etwas daran änderte, daß sein Eigentümer auch das Schafott bestieg. Das Palais-Royal selbst entging den Revolutionswirren mit einigem Glück. Aufgebrachte Bürger hatten zwar begonnen, Feuer an die Seite des Théâtre Français zu legen. 1791 verbrannte man dort eine Puppe in Gestalt des Papstes, im folgenden Jahr erlitt eine in Gestalt von Lafayette das gleiche Schicksal. Deputierte warf man in das Wasserbecken vor der Oper; die Zuschauer beschimpften sie.
Als der Sohn von Philippe-Egalité, der Bürgerkönig Louis Philippe, 1830 den Thron bestieg, nahm er sich des alten Hauses der Orléans an. Es gab Anlaß zur Restaurierung. Viele der alten Dekorationen zeigten sich stark beschädigt oder gar zerstört. Die neue Säulengalerie im Süden des Gartens wurde von Fontaine - Napoleons Architekt arbeitete immer noch - im Geist der übrigen Architektur angelegt. Die Arkaden befreite man von den Reklameschildern und Aushängetafeln, die sie nach und nach überdeckt hatten. 1837 endlich forderte man auch die leichten Mädchen auf, ihre Aktivitäten anderwärts auszuüben. Die Spielhöllen - es gab deren sechsundvierzig - wurden verboten. Louis-Philippe, der sich selbst in den Tuilerien eingerichtet hatte, ließ in der ehemaligen königlichen Bleibe eine Gemäldegalerie unterbringen. Sie hatte nur kurze Zeit Bestand. Es kam die Revolution von 1848, und einmal mehr wurde der Palast in Brand gesteckt.
Die städtebauliche Politik Napoleons III. und seines Präfekten Haussmann rückten zwar der monumentalen Schöpfung des Herzogs von Orléans bedenklich zu Leibe, respektierte sie indessen. Der Durch- bruch der Avenue de l'Opéra mündete an der neugeschaffenen Place du Théâtre-Français. Dieses selbst dehnte seine Fassade durch den Einbau einer Prunktreppe und der Foyers aus. Die Place du Palais-Royal gewann ihr heutiges Aussehen.
1871 versuchte die Kommune noch einmal, sich der Bauten zu bemächtigen. Wenn ihr der Anschlag auf die Tuilerien vollkommen gelang, beim Palais-Royal glückte er nur zur Hälfte. Indessen, der Pavillon de Valois und die Ostseite der Fassade gingen in FIammen auf. Einige Räume des Staatsrates blieben verschont. Seit Anfang unseres Jahrhunderts wird der östliche Flügel des Palastes vom Ministerium des Schönen Künste benutzt.
(Bernard Champigneulle: Paris - ein Führer. 2. Aufl. München: Prestel 1982. S. 241 - 251.)

Die Helfer der Revolution


Camille Desmoulins
Desmoulins studierte auf dem Collège Louis le Grand in Paris die Rechte, wurde Advokat in Paris und warf sich mit glühender Begeisterung für Freiheit und Gleichheit, die er schon als Jüngling in Gedichten gefeiert hatte, der Revolution in die Arme.

Desmoulins war einer der Mitbegründer des Club des Cordeliers und Gegner der Girondisten. Im Palais Royal wusste er durch feurige Reden („Aux armes!“ – „An die Waffen!“) die Menge zu entflammen, und als er sie am 12. Juli 1789 aufforderte, ein Abzeichen für die Freiheitskämpfer anzulegen, und selbst ein Blatt von einem Baum an seinen Hut steckte, entstand der Brauch, Kokarden zu tragen. Den Sturm auf die Bastille verursachte er mit diesem leidenschaftlichen Aufruf mit und löste eine regelrechte Bewegung aus.
Beim Sturm auf die Bastille verkündigte er von den Trümmern herab den Franzosen Freiheit und Gleichheit. In seinem erfolgreichen Journal Révolutions de France et du Brabant nannte er sich den „Procureur général de la lanterne“ und erklärte offen, dass die Volkssouveränität die einzige Verfassungsart sei, welche der französischen Nation und jedermann, der des Namens Mensch nicht unwürdig sei, gezieme. Von der von ihm verlegten Zeitung La Tribune des Patriotes erschienen nur vier Ausgaben.
Desmoulins heiratete 1790 die geistreiche Lucile Duplessis, eine Tochter aus wohlhabendem Hause.
Obwohl Jugendfreund Robespierres, fühlte er sich doch mehr von dem gemütlicheren Danton angezogen und stiftete mit diesem den Club des Cordeliers. Fortan handelte er mit Danton in Gemeinschaft, auch am 10. August 1792 und bei den Septembermorden.

Von der Pariser Gemeinde in den Konvent gewählt, stimmte er für den Tod des Königs. Obgleich der Bergpartei angehörig, zollte er doch den Girondisten volle Achtung, suchte mit Danton auf eine Versöhnung der Parteien hinzuwirken und schlug, als dieser Versuch scheiterte und die Girondisten das Schafott besteigen mussten, die Einsetzung eines Gnadengerichtes vor. In demselben Sinne gab er im Januar 1794 seinen Vieux cordelier heraus, ein Blatt voll Geist, Witz und beißender Satire, in dem er die Tyrannei der Schreckensmänner schilderte und zur wahren Freiheit, zur Mäßigung und vernünftigen Handhabung der Gesetze aufforderte. Hébert, den er besonders angriff, klagte ihn an, die Wiederherstellung des Königtums zu beabsichtigen. Robespierre, nachdem er seinen Freund vorher anscheinend verteidigt hatte, beantragte unter dem Druck der Radikalen im Wohlfahrtsausschuss – wie z. B. Billaud Varenne – vor voller Versammlung die Verbrennung aller Nummern des Vieux cordelier. Als Desmoulins trotzdem die Männer des Terrorismus und die Jakobiner nur noch heftiger angriff, ließ Robespierre am 30. März 1794 Desmoulins, Danton u. a. verhaften, worauf namentlich Saint-Just, Desmoulins persönlich verfeindet, dessen Verurteilung betrieb.
Desmoulins war somit anfänglich begeisterter Anhänger eines radikalen Kurses, entfernte sich aber letztlich davon. Dies kostete ihn und auch seine Frau das Leben. Er wurde nach Verurteilung durch Robespierre gemeinsam mit Danton und mehreren anderen hingerichtet. Auf dem Blutgerüst am 5. April 1794 rief er aus, auf die Guillotine deutend: „Dies ist also der Lohn für den ersten Apostel der Freiheit! Die Ungegeuer, die mein Blut fordern, werden mich nicht lange überleben!“
Seine 23-jährige Frau, die sich über seine Hinrichtung beschwerte, musste ihm 14 Tage später auf das Schafott folgen.
Quelle Wikipedia


Marquis de La Fayette

La Fayette stammte aus einer Adelsfamilie in Chavaniac (Département Haute-Loire). Er wurde zwar schon mit 13 Jahren Vollwaise, hatte aber wegen des großen Vermögens seiner Familie keine materiellen Einschränkungen und konnte seinen Neigungen nachgehen.
Von 1771 bis 1776 diente er in der französischen Armee, doch bald quittierte er den Dienst wieder. Nach der Unabhängigkeitserklärung der britischen Kolonien ging La Fayette deshalb gegen den massiven Widerstand seiner Familie mit einer selbst angeworbenen Freiwilligentruppe 1777 nach Amerika, um dort für die amerikanische Unabhängigkeit und seine Ideale der Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit zu kämpfen. Am 13. Juni landete er nördlich von Charleston (South Carolina) und bot der Kontinentalarmee seine unbezahlten Dienste an. Durch einen Sonderbeschluss des Kongresses wurde er am 31. Juli zum Generalmajor der Kontinentalarmee ernannt. Als überzeugter Demokrat und Verfechter des Freiheitsgedankens setzte sich La Fayette für die Demokratie, die Abschaffung der Sklaverei und die Menschenrechte, die Thomas Jefferson 1776 in Virginia verfasst hatte, ein. In dieser Zeit wurde er in Gegenwart von George Washington in eine militärische Freimaurerloge in Morristown aufgenommen. Später wurde La Fayette in Frankreich Mitglied der Freimaurerloge „Contrat Social“. 1778 verbündeten sich Frankreich und die USA gegen Großbritannien, daraufhin erklärte Großbritannien Frankreich den Krieg. La Fayette kehrte 1779 für sechs Monate nach Frankreich zurück, um Militär- und Finanzmittel für die USA zu beschaffen. 1780 kehrte er an Bord der Hermione nach Amerika zurück und war führend am Virginia-Feldzug beteiligt. Dieser endete 1781 mit der Kapitulation der Briten bei Yorktown. Als er nach Frankreich zurückkehrte, bereitete ihm das Volk einen triumphalen Empfang und Ludwig XVI. nahm ihn in die Notabelnversammlung auf.
In der Anfangsphase der Französischen Revolution war La Fayette einer der führenden Politiker. 1789 wurde er Mitglied der Generalstände und brachte nach amerikanischem Vorbild eine Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte in die neue Nationalversammlung ein. Am 14. Juli 1789 wurde er Vizepräsident der Nationalversammlung. Nach dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 wurde er Kommandant der Nationalgarde und gründete den politisch gemäßigten Klub der Feuillants, die nach einer konstitutionellen Monarchie nach englischem Vorbild strebten.
Lafayette war während Constituante das Bindeglied zwischen Nationalversammlung dem König und dem Volk. Er war der kongeniale Partner von Mirabeau mit dem er versuchte die Monarchie zu retten.
La Fayette wurde mit dafür verantwortlich gemacht, dass der König am 20. Juni 1791 einen Fluchtversuch unternehmen konnte. Am 14. Juli 1791, als das Föderationsfest auf dem Marsfeld gefeiert wurde, leistete La Fayette als erster den Bürgereid. Drei Tage später ließ er jedoch das Feuer auf eine aufgebrachte Menschenmenge eröffnen. Dieses Massaker auf dem Marsfeld mit hunderten Toten kostete ihn einen großen Teil seiner Popularität. Am 1. Oktober legte er nach der Auflösung der Nationalversammlung die Führung der Nationalgarde nieder, worauf der König ihm das Kommando über eine der drei französischen Armeen gab.
1792 kommandierte La Fayette eine Armee im Krieg zwischen Frankreich und Österreich. Doch nachdem am 13. August die Tuilerien gestürmt und der König in Kerkerhaft überführt worden war, protestierte La Fayette entschieden. Daraufhin wurde er von den Jakobinern öffentlich beschuldigt, er wolle sich ihren Zielen in den Weg stellen und die Truppen gegen sie wenden. Die Nationalversammlung erklärte ihn zum Verräter. La Fayette floh deshalb nach Flandern, wo er von den Österreichern gefangen genommen wurde. Von 1792 bis 1797 war er in Österreich und in Preußen interniert.
Erst Napoléon I. erwirkte 1797 seine Freilassung. Als La Fayette nach Frankreich zurückkehrte, zog er sich auf sein Landgut Lagrange zurück und hielt sich vom öffentlichen Leben fern, da er die Politik Napoléon Bonapartes ablehnte. Nach der Verbannung Napoléons engagierte er sich wieder in der Politik. 1815 sowie von 1818 bis 1824 und von 1825 bis zu seinem Tod war La Fayette Mitglied der Deputiertenkammer. Seit 1818 war er liberaler Abgeordneter. Während der Julirevolution von 1830 befehligte er erneut die Nationalgarde und unterstützte die Thronbesteigung des „Bürgerkönigs“ Ludwig Philipp. Sowohl in der nachnapoleonischen Restauration als auch nach der Julirevolution führte La Fayette die liberale Opposition.
La Fayette starb am 20. Mai 1834 im Alter von 76 Jahren in Paris und wurde auf dem Friedhof Cimetière de Picpus bestattet.
Quelle Wikipedia

Die Halsbandaffäre



Ein berüchtigter Skandal vor der französischen Revolution, der den französischen Hof aufs äußerste kompromittierte und infolge des dadurch gesteigerten Argwohns der öffentlichen Meinung gegen das Königtum überhaupt die Autorität desselben mit untergraben half.
Der Kardinal v. Rohan, Fürstbischof von Straßburg, aus einer der ersten Familien Frankreichs gebürtig, trotz seines geistlichen Standes von sittenlosestem Lebenswandel, war wegen Klatschereien bei Hof in Ungnade gefallen und von seinem Posten als Gesandter in Wien abberufen worden. Sein ganzes Streben ging nun dahin, die verlorne Gunst des Königspaars wieder zu erringen. Dies benutzte 1784 eine raffinierte Schwindlerin, die sogen. Gräfin" Lamothe-Valois. Sie versprach dem blindgläubigen Kardinal, ihm die Gnade Marie Antoinettes, ja noch mehr zu verschaffen, händigte ihm gefälschte Briefe der Königin ein und lieh von ihm in deren Namen Geld im Betrag von 120,000 Livres. Als die Juweliere Böhmer u. Bassenge damals Marie Antoinette ein kostbares Diamanthalsband für 1,600,000 Livres anboten, diese aber den zu teueren Kauf zurückwies, redeten die Lamothe und ihre Helfershelfer dem Kardinal ein, daß er das Herz der Königin endgültig erobern werde, wenn er ihr zur Erwerbung des Schmuckes verhelfe, und brachten es durch ein Billet mit der gefälschten Unterschrift derselben dahin, daß der Kardinal sich den Juwelieren für die Zahlung der Summe verbürgte, welche die Königin angeblich terminweise von ihren Ersparnissen abzutragen versprach. Als der Kardinal 1. Febr. 1785 das Halsband erhalten, lieferte er es der Lamothe aus, welche sofort die Diamanten ausbrach und durch ihren Mann in England verkaufen ließ. Rohan fiel es indes auf, daß die Königin das Halsband niemals trug und ihn auch mit der frühern Kälte behandelte. Auf seine Klage darüber erhielt er von der Lamothe gefälschte zärtliche Briefe und am Ende gar die Zusicherung eines Stelldicheins mit der Königin im Park zu Versailles. Eine der Königin an Gestalt ähnliche Dirne, Marie Leguay d'Oliva, wurde herausgeputzt und hatte mit dem Kardinal das nächtliche Rendezvous. Da aber die Zahlungen nicht an den versprochenen Terminen erfolgten, so wandten sich die Juweliere an die Königin und den König selbst. So wurde der Betrug entdeckt und Rohan 15. Aug. während einer großen Feierlichkeit in der Kirche verhaftet und dem Parlament zur Verurteilung überwiesen, das ihn jedoch 31. Mai 1786 freisprach und damit unter dem Beifall der Pariser die ungünstigen Gerüchte über die Königin bestätigte. Übrigens wurde Rohan durch eine lettre de cachet des Königs auf eine seiner Abteien verbannt. Die Lamothe wurde mittels Arrêts vom 31. Mai 1786 zum Staupbesen, zur Brandmarkung und lebenslänglicher Einsperrung, ihr Gemahl zu den Galeeren verurteilt, Retaux de Villette, ihr Gehilfe bei den Fälschungen, nur mit Verbannung bestraft. Der Hof gab den nachteiligen Gerüchten, welche der Prozeß hervorgerufen und die Freisprechung Rohans genährt hatte, dadurch eine scheinbare Bestätigung, daß er der Lamothe, damit der Skandal nicht noch vergrößert werde, ein Manuskript über die Sache abkaufte, welches ihr nach England entflohener Gatte nachher dort doch durch den Druck veröffentlichte. Marie Antoinette wurde von der gegen den Hof erbitterten, leichtgläubigen Menge allgemein für schuldig gehalten, durch eine Liebschaft mit Rohan das Halsband sich haben verschaffen zu wollen.
Vgl. Campardon, Marie-Antoinette et le procès du collier (Par. 1863); L. Combes, Marie-Antoinette

2. November 2007

der 2. November 1755


Maria Antonia kam am 2. November 1755 gegen 7 00 abends in der der Wiener Hofburg zu Welt. Kaiser Franz I. mit seinem ältesten Sohn Erzherzog Joseph waren gerade bei der Messe für die Verstorbenen.
Es war die fünfzehnte Niederkunft der Kaiserin, und Maria Theresia fürchtete die Schmerzen der Geburt nicht mehr. Bis zum letzten Augenblick hatte sie Akten durchgesehen. Bevor sie sich endgültig den Geburtshelfern anvertraute, ließ sie sich noch einen Zahnarzt rufen, damit er ihr einen kranken Zahn zog, der ihr Beschwerden bereitete. Direkt nach der Entbindung unterschrieb sie weitere Dokumente, dann erst gönnte sie sich etwas Ruhe.
Die Taufe des Kindes wurde am 3. November in der neu gestalteten Antecamera in der Hofburg abgehalten. Der Fürsterzbischof von Wien taufte das Kind auf den Namen Maria Antonia Josepha Johanna, Die Taufpaten waren die Geschwister Erzherzog Joseph und Erzherzogin Maria Anna die, stellvertretend für ihre Paten und Patin das portugisische Königspaar, das Kind über das Taufbecken hielten.

Sowohl der Tag der Geburt der 2. November dem Tag "Aller Seelen" und das schwere Erdbeben von Lissabon vom 1. November 1755, das ungezählte Leben forderte, wurden als schlechtes Omen gedeutet.

15. Oktober 2007

Das Archiv der Anekdoten, Aussprüche und Begebenheiten mit Marie Antoinette

Im Jahre 1777 hat sich Baron Besenval, Höfling und guter Bekannter von Marie Antoinette, erdreistet, in einer privaten und intimen Atmosphäre, ihr einen unsittlichen Antrag zu machen.
Marie Antoinette antwortete:

Stehen sie auf, Herr Baron! der König soll nie diesen Fehler erfahren, der Sie leicht auf immer in Ungnade bringen könnte.

Der Baron sei erblasst und habe einige Entschuldigungen hervorgestottert, sie aber ist aus dem Zimmer hinausgegangen, ohne mit ihm eine Wort weiter zu sprechen und sie redete seitdem mit ihm fast gar nicht.
Bei dieser Gelegenheit fügt die Königin noch die Worte hinzu:

Es ist höchst angenehm, Freunde zu haben; aber in meiner Lage ist es sehr schwer, dass einem die Freunde dieser Freunde ebenso behagen.

aus den Memoiren der Madame Capman
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Von Straßburg begab sich die Dauphine nach Baverne, wo sie im bischöflichen Schlosse Wohnung nahm. Kardinal Rohan stellte ihr dort eine alte Frau von 105 Jahren vor, die nie krank gewesen war. „Prinzessin,“ sagte diese Frau auf deutsch, „ich wünsche vom Himmel, dass sie ebenso lange und ebenso gesund leben mögen, wie ich.“

„Auch ich wünsche es,“ antwortete die Dauphine,
„wenn es zum Glücke Frankreichs gereicht.“

Nachdem sie ihr die Hand zum Kusse gereicht, ließ sie ihr eine Geldsumme einhängigen.



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Im Jahre 1777 hat sich Baron Besenval, Höfling und guter Bekannter von Marie Antoinette, erdreistet, in einer privaten und intimen Atmosphäre, ihr einen unsittlichen Antrag zu machen.


Marie Antoinette antwortete:

Stehen sie auf, Herr Baron! der König soll nie diesen Fehler erfahren, der Sie leicht auf immer in Ungnade bringen könnte.

Der Baron sei erblasst und habe einige Entschuldigungen hervorgestottert, sie aber ist aus dem Zimmer hinausgegangen, ohne mit ihm eine Wort weiter zu sprechen und sie redete seitdem mit ihm fast gar nicht.

Bei dieser Gelegenheit fügt die Königin noch die Worte hinzu:

Es ist höchst angenehm, Freunde zu haben; aber in meiner Lage ist es sehr schwer, dass einem die Freunde dieser Freunde ebenso behagen.

aus den Memoiren der Madame Capman
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„Ich werde so wenig Fehler begehen, als ich kann,“ sagte Marie Antoinette einmal zu Mercy; „sollten mir deren zustoßen, so werde ich es immer zugeben.“

Ihr Geist, früher zerstreut und unstet, trachtete aufrichtig, sich mit ernsten Dingen zu befassen. Ihr Verstand, der die Geschäfte vortrefflich begriff, aber übermäßig fürchtete, begann sich ein wenig zu den mannigfachen politischen Verwicklungen zu bequemen.

Mit gerechtem Stolze konnte sie eines Tages zu ihrem treuen Ratgeber sagen, ohne dass dieser irgendeine Einwendung machen konnte:

„Sie müssen zugeben, daß ich mich in sehr vielen Punkten gebessert habe.“


Mercy an Maria Theresia, Juni 1773 und August 1773



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„Über welches Volk wünschest du zu regieren?“ sagte eines Tages Maria Theresia zu Marie Antoinette – „Über die Franzosen,“ antwortete lebhaft das Kind, „über diese haben Heinrich IV. und Ludwig XIV., die Güte und die Größe geherrscht.“ – Die Antwort war glücklich, und die Kaiserin war so entzückt davon, dass sie dem französischen Botschafter bat, sofort dem Könige, seinem Herrn, zu übermitteln. Die Wünsche der Tochter standen also im Einklang mit der Politik der Mutter hinsichtlich einer Verbindung, die nicht minder der König von Frankreich wünschte,

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Die Übergabe der Erzherzogin in der Mitte des Rhein.

Auf einer Insel inder Mitte des Flusses erhob sich ein Pavillon, der für die Zeremonie der sogenannten „Übergabe“ (remise) bestimmt war. Hier sollte die Prinzessin aus der Obhut des österreichischen Hofstaates in jenes des französischen übergehen.
Infolge eines sonderbaren Missgriffes stellte das in der Gerätekammer der Krone zur Dekorierung des Raumes, der zum erstenmale die junge Frau, die ihrem Gatten entgegen zog, unter einem französischen Dache beherbergen sollte, gewählte Tapetenwahl das unglückliche Verhältnis und blutigen Streitigkeiten zwischen Jason und Medea, also das Beispiel der unheilvollsten Verbindung vor, die nach der Sage je existiert hat. Seltsames Gemälde und noch seltsamerer Willkommen!
Goethe, damals Student in Straßburg, war beim Anblick dieser Behänge wie von einer düsteren Ahnung betroffen, und war versichert, daß auch die Erzherzogin, sie bemerkend, ihren Schrecken nicht bemeistern konnte:

„Ah!“ rief sie, „welche Vorbedeutung!“
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Am 12. fuhr Marie Antoinette durch die Krönungsstadt Reims,

„Das ist,“ sagt sie artig, „die Stadt Frankreichs, die ich so spät als möglich zu sehen wünsche.“


Anm.:
Louis XV: war zu dieser Zeit König von Frankreich, und erst nach seinem Tod, zur Krönung von Louis XVI. wurde diese Stadt zur Krönungszeremonie wieder von Marie Antoinette aufgesucht.
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Während der Karwoche 1769 verbrachte Marie Antoinette drei Tage mit Exerzitien:
Am Ende dieser anstrengenden Prozedur sagte sie zu Abbé de Vermond:

Ich hätte vielleicht mehr Zeit nötig, um Ihnen alle meine Gedanken darzulegen.


Während der Karwoche 1769 verbrachte Marie Antoinette drei Tage mit Exerzitien:
Am Ende dieser anstrengenden Prozedur sagte sie zu Abbé de Vermond:

Ich hätte vielleicht mehr Zeit nötig, um Ihnen alle meine Gedanken darzulegen.

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Einige Meilen vor Chalons näherte sich ein alter Landpfarrer, umgeben von seiner ganzen Pfarre, dem Wagen der Dauphine, um sie zu begrüßen. Er hatte als Vorspruch seiner Ansprache folgende Wort aus dem Hohenliede: "Pulchra es et formosa" (Schön bist du und hold) gewählt. Aber der Anblick der Prinzessin, die Aufregung, die Überraschung verwirrten in derrmaßen, daß es ihn unmöglich war, über seine Vorspruch hinauszukommen. Umsonst suchte er den Faden wieder zu gewinnen, das Gedächnis ließ ihn hartnäckig im Stich. Maie Antoinette bemerkte es, und um der Verlegenheit des wackeren Mannes ein Ende zu machen, nahm sie aus seiner Hand mit einem reizenden Dankeslächeln den ihr dargebotenen Strauß. "Ach Madame," rief der gute Pfarrer, der zwar nicht seine Ansprache, aber doch seine Geistesgegenwart wieder gewann, "wundern Sie sich nicht über mein schwaches Gedächtnis; bei Ihrem Anblicke hätte Salamon seine Anrede vergessen und an seine Ägypterin gedacht."


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Während der Reise der jungen Marie Antoinette nach Frankreich fragte eine der Hofdamen auf indiskrete Art:

„Ist es Ihnen sehr darum zu tun, den Monseigneur Dauphin zu sehen?“

Marie Antoinette erwidert im würdevollen Ton:

“Madame in fünf Tagen bin ich Versailles, am sechsten werde ich Ihnen leichter antworten können.“

Nach dieser Lektion nahm sie wieder ihre heitere und wohlwollende Miene und führte das Gespräch weiter.
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Es war in Wien ein strenger Winter; alle Arbeiten waren eingestellt, das Elend groß. als man eines abends in der Hofburg im Familienkreis davon sprach, trat die kleine Marie Antoinette zu ihrer Mutter, überreichte ihr eine Schachtel und sagt:
"Da sind 55 Dukaten, alles, was ich habe; erlauben Sie, daß man sie unter diese Unglücklichen verteile."
Marie Theresia nahm die Spende an, fügte zu den Erparnissen ihrer Tochter eine bedeutende Summe bei und überließ dem mildtätigen Kinde selbst die Verteilung des Ganzen.

"Mémoires de Weber" p. 12.
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11. Oktober 2007

1777 - Joseph II. besucht Frankreich






















Trotz der anfänglichen Geheimhaltung verursachte der Besuch des Kaisers große Aufregung in Paris. Die Franzosen waren begeistert von diesem unscheinbaren, einfachen leutseligen Mann, der so ganz anders war als ihre eigenen unnahbaren und extravaganten Herrscher.
Das Besichtigungsprogramm Josephs war ungemein reichhaltig. Er war rastlos tätig und ungeheuer wissbegierig, Immer wieder staunte er über das Entgegenkommen, das er überall fand, Alle militärischen Einrichtungen und Festungswerke wurde ihm zur Besichtigung freigegeben, er erhielt detaillierte Angaben über die Marine und das Land.
Eine der wichtigsten Persönlichkeiten, die Joseph auf dieser Reise traf, war der damals gestürzte Controlleur Anne-Robert-Jaques Turgot, der mit seinem physiokratischen System offenbar eine Anzahl später Reformen Josephs beeinflusste. So hat Turgot Die Aufhebung der Robot und der Zünfte sowie die Freiheit des Binnenhandels mit Getreide und anderen Lebensmittel vorgeschlagen.
Die Vorschläge Turgots zur Einführung der Toleranz, für ein staatliches Erziehungswesen, für die Selbstverwaltung der Gemeinden und eine physokratischen Grundsteuer sind in Frankreich nicht zur Anwendung gekommen, enthalten aber manche Reformpläne, die Joseph II. in Österreich und sein Bruder Leopold II. in der Toskana verwirklicht haben.
Großen Eindruck machte der Bankier Jaques Necker auf den Kaiser, denn noch Jahre später dachte Joseph an den Besuch bei ihm. Nach dem Sturz Neckers im Jahre 1781 wollte der Kaiser den berühmten Finanzmann sogar nach Österreich verpflichten, doch lehnte der Schweizer aus persönlichen Gründen ab.
Das größte und berühmteste Spital Frankreichs, das Hotel Dieu in Paris, wurde vom Kaiser schon am 21. April besucht, ohne daß er davor zurückschreckte, daß dort auch Menschen mit ansteckenden Krankheiten behandelt wurden. Joseph erschien nach seiner Gewohnheit unangemeldet und fand weder Ärzte noch Chirurgen im Dienst vor, nicht einmal in der Gebärabteilung waren solche anwesend, Er tadelte die niederen und dumpfen Säle, den Umstand, daß die Kranken oft zu dritte oder zu viert in einem Bett lagen, auch Aufsicht und Sauberkeit gefielen ihm nicht. Dem Kaiser wurde eine Liste von 2882 Personen, die an diesem Tag das Krankenhaus füllten, übergeben, und er beschenkte das Spital reichlich, obwohl er einen ungünstigen Eindruck hatte. Die Erlebnisse haben auf ihn aber so nachhaltig gewirkt, daß der Bau des Wiener Allgemeinen Krankenhauses im Jahre 1783 nach dem Plan des Hotel Dieu in Angriff genommen werden könnte.
Daneben besichtigte Joseph II. den Botanischen Garten, bewunderte die Sammlung und das Naturalienkabinett.
Bei dieser Gelegenheit weise ich auf eine Anekdote hin, die Erzherzog Maximilian der jüngsten Bruder von Joseph verursacht hat.
Bei dessen Besuch, Jahre zuvor hat der berühmte Botaniker Buffon dem jungen Erzherzog Maximilian wertvolle Bücher mit seinen Werken als Geschenk überreicht.
Maximilian hat sich mit einer Ausrede, er möge ihn nicht um solch wertvollen Bücher berauben aus der Affäre gezogen. Vermutlich wollte er bloß keine schweren Bücher mit auf die Reise nehmen.
Dieser Fauxpas wurde öffentlich und drang bis nach Wien.
Joseph hat bei seinem Besuch in Paris, Buffon höflich gefragt, ob er die Bücher die sein Bruder „vergessen“ habe nicht mitnehmen könne.
Der Kaiser hinterließ ohne Zweifel in Paris einen besseren Eindruck als amtlich in Versailles. Dort war man ihm böse, weil er die Etikette vernachlässigte. Seine einfache Kleidung und sein Betragen bildeten einen scharfen Gegensatz zur Eleganz am glänzenden und zeremoniell geprägten Hof zu Versailles.
Joseph II. war über den Wohlstand und den Anblick der blühenden Provinzen in Frankreich erstaunt und hat nach seiner Rückkehr einige Institutionen und Anstalten im sozialen und staatlichen Bereich nach französischem Vorbild reformiert.

29. September 2007

Orden vom Heiligen Geist


Der Orden vom Heiligen Geist (frz. Ordre du Saint-Esprit), ist der bedeutendste Ritterorden Frankreichs und einer der angesehensten Europas.

Er wurde im Dezember 1578 von Heinrich III. zum Dank für die Wohltaten gestiftet, die ihm an drei Pfingsttagen zuteil geworden sind, indem er an Pfingsten 1551 geboren wurde, 1573 König von Polen und 1574 König von Frankreich wurde.

Neben dem Großmeister, der immer der König selbst war, gab es drei Ordensklassen:

die acht Commandeurs (zunächst aufgeteilt in vier Kardinäle und vier Erzbischöfe, Bischöfe oder Prälaten, später dann acht Bischöfe oder Prälaten ohne besondere Unterscheidung) und der Groß-Almosenier von Frankreich (Grand Aumônier de France), der geborener Kommandeur war.
die vier Officiers Commandeurs, das sind der Kanzler und Siegelbewahrer (Chancelier et Garde des Sceaux), der Zeremonienmeister (Prévôt et Maître des Cérémonies), der Schatzmeister (Grand Trésorier) und der Sekretär (Greffier), die vier Officiers Commandeurs wurden unterstützt von den Officiers (Intendant, Généalogist, Huissier, Historiograph usw.)
100 Ritter (Chevaliers)
Der Thronfolger (Dauphin) und die Kinder des Königs (Enfants de France) waren Ritter durch ihre Geburt, aber erst ab dem 12. Lebensjahr, Prinzen von Geblüt ab dem 16. und ausländische Prinzen ab dem 25. Lebensjahr. Alle anderen Mitglieder mussten mindestens 35 Jahre alt sein. Außerdem mussten die Aufzunehmenden katholisch und in vier Generationen adlig sein. Die letzte Bedingung galt nicht für den Grand Aumônier de France, den Schatzmeister und den Sekretär.

Das Ordenszeichen war ein goldenes, weiß emailliertes Kreuz mit acht Knöpfen und Lilien in den vier Winkeln. Auf dem Avers des grün emaillierten Mittelschildes war eine silberne Taube als Symbol für den Heiligen Geist, auf dem Revers der heilige Michael abgebildet.

Die Devise war: "duce et auspice"*. Der Orden wurde an breitem himmelblauen Band (daher le cordon bleu) quer über Schulter und Brust getragen, außerdem ein Stern, ähnlich dem Avers des Kreuzes, auf der Brust. Die Geistlichen trugen ihn um den Hals. Der Orden blühte bis zur französischen Revolution. Der Nationalkonvent hob ihn auf, und auch Napoleon I. stellte ihn nicht wieder her.
Erst Ludwig XVIII. gab ihm 1814 seinen früheren Glanz wieder. Seit der Revolution von 1830 wurde er nicht mehr verliehen.

*"unter seiner Führung und Leitung"

26. September 2007

Der Sturm auf die Tuilerien



Aus dem Blickwinkel der "Guardia Svizzera", die treu zu Louis den XVI. und Marie Antoinette standen.
Mit freundlicher Genehmigung des folgenden Textes von Rich Geisser.




Mit dem wahren Gesicht der Revolution machten die Schweizer schon am 14. Juli 1789 beim Sturm auf die Bastille Bekanntschaft. Niemand hatte dieses Ereignis vorausgesehen und der Kommandant hatte keine Order für den Ernstfall. Die Bastille war verteidigt von 31 Schweizern und etwa 70 Veteranen, die dort mehr oder minder in einem militärischen Ausgedinge lebten. Als von einer aufgeputschten Meute, die gewiss nicht das französische Volk repräsentierte, der Angriff begann, verlor der Kommandant ohne Order den Kopf und übergab die Festung mehr oder minder kampflos den Aufständischen, die ihn alsbald massakrierten und den grössten Teil der 31 Schweizer und Invaliden die Mauer hinunterstürzte. Die vier Gefangegen (hievon drei kriminelle und ein politischer) die dort waren, wurden befreit. Das ist der große Tag des Revolutionsbeginnes, der bis heute Nationalfeiertag ist. Ich will den symbolhaften Charakter des Niederreissens der Bastille nicht unterschätzen. Aber die Ereignisse an sich sollte man eigentlich nicht glorifizieren. Die allmählich allmächtig gewordene Assemblee Generale witterte in den Schweizer Regimentern den Feind der Revolution und schickte immer mehr von ihnen auf Urlaub nach Hause, liess sie ihre Artillerie und Munition an französische Regimenter abtreten und verlegte sie in Garnisonen, die von Paris möglichst weit entfernt waren. Die Schweizer appellierten an den König, doch der war zu schwach, um sein Veto einzulegen. 1790 kam es in Nancy zu einem schweren Zwischenfall. Ein hauptsächlich aus Waadtländern zusammengesetztes Regiment, das mit umstürzlerischen Ideen kokettierte - nicht ohne Grund, denn der Kanton Bern behandelte das Waadtland wie ein unterjochtes Gebiet - hatte - mit den Aufständischen gemeinsame Sache gemacht. Man brachte die Sache vor das schweizerische Gericht. Das Urteil lautete, dass einer der Haupträdelsführer auf das Rad geflochten werde, 22 gehenkt und 41 auf die Galeeren geschickt werden sollten, und dieses Schweizer Urteil wurde wirklich ausgeführt. Inmitten dieser sich auflösenden Ordnung blieben die Schweizer wirklich ein Fall der Disziplin. Auf der anderen Seite ging die französische Garde, die eigentlich den König schützen sollte, zum allergrössten Teil ins Lager der Revolution über. Es sind fast nur mehr die Schweizer, die zur königlichen Familie halten. Auch diesen letzten Schutz will man der königlichen Familie entziehen und beschliesst ein Gesetz, dass die Schweizer mindestens 50 Meilen von Paris entfernt kaserniert werden müssten. Die Schweizer wollen das nicht anerkennen, da dies im Gegensatz zu den Capitulationen stand, die sie mit dem Schutz des Königs betrauten. Und es klingt schon wie ein Anachronismus, wenn am 16. Mai 1792 eine Bittschrift Ludwig XVI. übergeben wird, worin in "respekt- vollem Vertrauen auf die Güte nd Gerechtigkeit Eurer Majestät das Regiment die besondere Ehre verlangt, in diesen bewegten Zeiten das Privileg zu erhalten, den Schutz Eurer Person und der königlichen Familie fortsetzen zu dürfen." Die totale Machtlosigkeit der französischen Soldaten zeigt sich schrecklich am 20. Juni, wo die übelste Hefe des Volkes die Tuilerien stürmt und vier Stunden lang unter ungeheuerlichsten Schimpforgien an der königlichen Familie vorbeizieht. Man setzt dem König spöttischschmerzend, wie man einst die Dornenkrone verwendete, die rote phrygische Mütze aufs Haupt. Er lässt es sich fast lächelnd gefallen, aber als einer behauptet, dass er vor Angst zitterte, da nimmt er die Hand des Erstbesten, legt sie an sein Herz und fragt ihn: "Klopft es schneller?" Und dieser Mann, ein kleiner Schneider, der aus Neugier und noch nicht gänzlich von den neuen Ideen vernebelt, mitgekommen war, erzählt nachher in der Bürgerrunde, dass er es gewesen sei, dessen Hand damals das Herz des Königs befühlt habe, und dass es wirklich nicht schneller geklopft habe als ein gewöhnliches. Das genügte, dass er vors Revolutions-Tribunal gebracht, zu Tode verurteilt und guillotiniert wurde. Der Tod des armen kleinen Schneiderleins hat mich persönlich immer mehr bedrückt als die Deklaration der Menschenrechte mich begeistern konnte. Liebe in Worten wird nie den Schrecken der Taten bedecken können. An diesem Tag war, wie durch ein Wunder, der König
noch gerettet worden. Aber seine Feinde liessen nicht locker. Die wütendesten Revolutionäre, die kein Blutvergiessen scheuten, waren die Leute aus Marseille. Anfang August trafen 500 von ihnen in Paris ein und erzeugten eine blutige Frenesie. Jeden Tag wurden Wachsoldaten um die Tuilerien ermordet. Die Insulte der königlichen Familie nahmen täglich zu. Im Rathaus gab es Freunde der sich ausbreitenden Anarchie und solche, die noch davor Angst hatten. Mandat, der Chef der Nationalgarde, der mit seinen unverlässlichen Soldaten die Tuilerien nicht mehr schützen konnte, sandte, mit Zustimmung des Bürgermeisters Petion, den Schweizern, die in den Kasernen von Rueil und Courbevoix stationiert waren, am 8. August den Befehl, in der Nacht einzurücken und den Schutz der Tuilerien zu übernehmen. Trotz all der Versuche, das Regiment zu schwächen, waren noch etwa 1000 Mann vorhanden, allerdings mit nur wenigen Kanonen und mit geringer Munition. Offiziere und Mannschaft sind sich offenbar des Schicksals voll bewusst, dem sie entgegengehen. Sechs der ehrwürdigen ruhmbedeckten Fahnen des Regimentes werden im Keller der Kaserne begraben, nur drei mitgenommen. Die katholischen Priester nehmen die Beichte ab; strengster Appell wird gehalten und nachgesehen, ob alles Lederzeug frisch geputzt und die Perücken sorgfältig gepudert sind. Sie marschieren durch menschenleere Strassen, nur hie und da hören sie den düsteren Schrei "Tod den Schweizern". Um 3 Uhr früh sind sie bei den Tuilerien. Sie besetzen die Schildwachen, die Fenster und die äusseren Räume des Palastes. Lamartine beschreibt dies dunkle Gemälde: "Die Schweizer lagerten hauptsächlich im Vestibül, ihre Fahne war dort. Sie sassen auf den Bänken oder auf den Stufen der Stiege, das Gewehr in der Hand, und verbrachten die Nacht in tiefer Stille. Die Kerzen der Luster spiegelten sich in ihren Waffen, der Lärm der Gewehre gegen den Marmor, das "Wer dort?" mit gedämpfter Stimme der Wachen gaben dem Palast den Aspekt eines Lagers vor dem Feind. Die roten Uniformen der Schweizer, sitzend auf den Stiegenabsätzen, lagernd auf den Stufen, auf dem Geländer, liessen die Prinzenstiege schon im voraus einem Sturzbach von Blut gleichen. Gleichgültig gegen jede politische Frage, als Republikaner gegen eine Republik kämpfend, haben diese Männer als Seele nur ihre Disziplin, als Überzeugung nur die Ehre. Sie schicken sich an zu sterben für ihr Wort, nicht für ihre Idee, nicht für ihr Vaterland. Aber die Treue ist eine Tugend an sich. Sie hatten nicht die Hingabe des Patrioten, sondern die des Soldaten."
Die Königin steht mit der jungen Prinzessin Elisabeth, der Schwester des Königs, am Balkon und beobachtet den immer lauteren Lärm in Paris. Um Mitternacht läutet die Sturmglocke. Es ist das allgemeine Zeichen. Überall rufen die Trommler zum allgemeinen Aufstand. Der König aber, mit dem Bild des unglücklichen englischen Monarchen Karl II. vor sich, seine Geschichte, die ihn in diesen Zeiten nicht mehr verliess, vor sich aufgeschlagen, ist ganz verstrickt in glaubenstiefem Gespräch mit seinem Beichtvater Abbe Herbert. Er hört nicht die grausigen Zeichen um sich. Alle Werte haben sich ihm schon gewandelt, und wenn auch vom Volk verlacht undgedemütigt, ist er doch von allen der Bestvorbereitete für das königliche Martyrium, das heute beginnen soll.
Das erste Morgenlicht macht eine unübersehbare Menschenmenge sichtbar. Die Quais bis zum Rathaus, der Platz Louis XV., jetzt Place de la Concorde, schwarz von Menschen bis hoch hinauf in die noch kaum verbauten Champs Elysees. Danton gibt den Generalplan aus, der von bezwingender Einfachheit ist: "Alles umbringen, insbesonders die Schweizer, sich der königlichen Familie bemächtigen, um sie als Geiseln zu verwenden." Ein wahrhaft modernes Programm: Danton als Patron der Geiselerpresser.
Das Schloss ist jetzt verteidigt von zirka 900 Schweizern, von ein paar Hundert treu gebliebenen Nationalgarden und etwa 200 Edelleuten, die sich während der Nacht hereingeschlichen hatten, um dem König die letzte Treue zu erweisen. Es war ein gespenstisch-bewegender Auszug aus dem französischen Gotha, von Laval-Montmorency angefangen über Rohan, Bissac, Harcourt, Larochefoucault, Latour bis Choiseul und Dampierre. Es war der letzte Dank für jahrhundertalten Königsschutz, es war die letzte noble Sühne für alles, was man vielleicht im Glanze nicht richtig gemacht hatte, es war das Nichterlebenwollen des nächsten grauen Tages ohne König, in leichter Don Quichotterie, aber überzeugend im unüberbietbaren Einsatz des Lebens. Sie waren schlecht bewaffnet und halfen nicht viel, aber sie waren gewiss der letzte Trost für den König und die Königin, und viel mehr wollten sie ja nicht.
Um 6 Uhr früh macht der König, seinen Sohn an der Hand, die Runde, aber er findet nicht die rechten Worte, um die Soldaten zu begeistern. Die Königin spricht nichts, aber ihre Erscheinung mit den Kindern an der Seite kann niemand ungerührt lassen, und sie zu verteidigen, muss der Urinstinkt jedes Mannes sein.
Der Tag beginnt mit einem schauderhaften Mord. Mandat, der Befehlshaber der Nationalgarde, wird ins Rathaus befohlen. Als er dort erscheint, verlangt man von ihm den Befehl an die Schweizer, nach Paris zu kommen, der vom Bürgermeister unterschrieben ist, was ihm in der gegenwärtigen Situation den Kopf kosten könnte. Ohne Böses zu ahnen gibt er ihn heraus, worauf er vor den Augen seines Sohnes als unbequemer Zeuge grausam niedergemacht wird.
Die führerlos gewordenen Nationalgarden in den Tuilerien gehen, nachdem auch die berittenen Garden, die bisher noch den Platz beim Louvre gehalten hatten, zu den Aufständischen übergegangen waren, ebenfalls über.
Im Schloss verhandelt der Minister Roederer mit der königlichen Familie: Der Abfall sei allgemein, der König exponiere nur unnötig seine Anhänger, seine Garden und seine Familie, wenn er im Schloss bleibe. Drüben, auf wenige Schritte Entfernung in der Assemblee Generale, die damals im ehemaligen Kloster der Feuillants etwa bei der Rue de Rivoli tagte, sei Sicherheit für den König und die Seinen. Die Königin hört, wie der Schweizer Hauptmann Bachmann dem Hauptmann Gebelin zuflüstert: "Wenn der König fortgeht, ist er verloren!" Sie wehrt sich gegen den Plan, sie vertraut der Truppe, und sie ist so gut in die Schule ihrer Mutter Maria Theresia gegangen, dass sie jedenfalls den Kopf hochhalten und zumindest die Ehre wahren will. Wie ihre Mutter ist sie erst Königin und dann erst Mutter. Aber der König, nicht mehr ganz von dieser Welt, träumt nur mehr davon, wie er Blutvergiessen vermeiden kann. So gibt er die Order zum Abmarsch.
Um halb neun formiert sich unter Hauptmann Erlach ein Zug von Schweizern und einigen Nationalgarden, die die königliche Familie in die Mitte nehmen, um sich den kurzen Weg zum Kloster der Feuillants zu erstreiten. Der Königin werden Uhr und Börse geklaut; auf den Stufen werden sie vom Kopf des armen Mandat empfangen, der auf einer Pike steckt. Die Schweizer Offiziere werden verhaftet, die Escorte entwaffnet, einige erschlagen, einigen gelingt es, sich wieder zum Schloss durchzuschlagen. Trotz der hundertfachen Übermacht traut man sich nicht, den Angriff zu beginnen. Erst um 10 Uhr ertönen die ersten Kanonenschüsse, aber die Schweizer machen einen Ausfall und erbeuten einige der Kanonen. Doch sie können mit ihren schwachen Kräften nicht das riesige Schloss halten mit seinen vier Höfen. Immer dringen die Aufständischen irgendwo ein.
20 Marseiller werden gefangen. Sie werfen sich den Schweizern zu Füssen und flehen um ihr Leben, was man ihnen schenkt. Die karge Munition geht langsam zu Ende, die äusseren Wachen werden überwältigt und grausam umgebracht. Immer mehr müssen sich die Schweizer zusammenschliessen.
Der König in der Assemblee Generale hört den Kampflärm. Einzig vom Gedanken besessen, Blutvergiessen zu vermeiden, kritzelt er auf einen Zettel: "Der König befiehlt den Schweizern, sofort die Waffen niederzulegen und sich in ihre Kasernen zurückzuziehen." Und fügt mündlich hinzu: "Er befindet sich im Schloss der Assemblee." Der Marschall Hervilly soll damit in die Tuilerien eilen. Hervilly liest das Billet nicht ordentlich und als ihm das Wunder gelingt, mit den Schweizern in
Verbindung zu treten, schreit er: "Befehl des Königs, in die Assemblee zu kommen." Sie glauben, sie werden zur Verteidigung des Königs gerufen. Wie zur Parade, heisst es in allen Memoiren, sammeln sie sich unter einem Hagel von Geschossen. Auf dem kurzen Weg werden 50 Männer getötet, aber stolz, mit enthüllter Fahne und gezogenem Säbel stürmt die mutige Schar in den Saal, wo die Assemblee tagt. Ein Entsetzensschrei: "Voilà les Suisses!" ertönt es von überall, und einige Deputierte der extremen Linken springen vor Angst aus dem Fenster. Die Hauptleute Salis und Dürler dringen bis zum König vor. Vielleicht die allerletzte Chance, die von Purcht gepackte Assemblee zum Teufel zu jagen und den Aufstand seines Kopfes zu berauben. Aber der König antwortet resigniert: "Übergebt Eure Waffen der Nationalgarde. Ich will nicht, dass Leute wie Ihr zugrunde gehen!" Aber gerade das ist das Todesurteil. Salis lässt die Gewehre zusammenstellen und die Patronentaschen ausleeren. Die Soldaten werden in die Kirche der Feuillants gebracht, die sie erst zur Hinrichtung wieder verlassen werden. Die Offiziere kommen ins Gefängnis der Abbaye, wo sie am 2. September von den Volksmassen, die die Gefängnisse stürmen, massakriert werden.
In den Tuilerien sind über 400 Schweizer zurückgeblieben, die zum Auszug in die Assemblee nicht zurechtgekommen waren. In ungezählten Heldentaten, fast ohne Munition, verteidigen sie das leere, brennende Schloss gegen ganz Paris bis gegen 4 Uhr. Als die Aufständischen endlich eindringen, finden sie nur mehr die beiden Trommlerbuben lebend vor, der eine 6, der andere 15 Jahre alt. Sie werden mit Bajonettstichen getötet.
Aus einem Fenster des Place du Carrousel, etwa dort, wo jetzt der kleine Triumphbogen im Tuileriengarten steht, sah ein junger Mann dem furchtbaren Geschehen zu. Als wäre die Erinnerung noch ganz frisch schrieb er darüber 25 Jahre später auf St. Helena: "Das königliche Schloss war von der unwürdigsten Canaille angegriffen worden. Nach seiner Einnahme und dem Auszug des Königs versuchte ich, in den Garten vorzudringen. Niemals hatte ich später auf einem Schlachtfeld eine solche Anhäufung von Toten erlebt. Ich sah Weiber, die die gemeinsten Obszönitäten an den Leichen verübten!"
Einigen, ja wohl über hundert, gelang es, in dem unbeschreiblichen Wirrwarr mit Hilfe barmherziger Franzosen zu entkommen. Oft aber nur, um einem noch ärgeren Schicksal entgegenzugehen. Selbst dem Kapitän Erlach war es gelungen unterzutauchen. Aber sein Versteck wurde verraten. Man zerrte ihn heraus und befahl der Ordonnanz, die mit ihm war, den Kapitän schön zu frisieren. Dann gab man dem Soldaten eine Säge in die Hand und befahl ihm, den Kopf des Kapitäns abzusägen, aber so vorsichtig, dass die Frisur nicht zerstört würde, da sie sich auf der Spitze einer Pike sehr gut ausnehmen würde. Der Soldat weigerte sich und wurde niedergemacht. Zwei Frauen übernahmen dann freiwillig die Sägearbeit und pflanzten den abgesägten Kopf auf eine Pike.
Aber es gab Militärärzte, die wochenlang Schweizer als angebliche Kranke in Spitälern versteckten, der Deputierte Bruat rettete 15 Schweizer Offiziere, indem er ihnen Zivilkleider verschaffte, mit denen sie fliehen konnten, und eine große Zahl riskierte das Leben, indem sie Verwundete versteckten. Und einige blieben sogar noch so lange in Paris versteckt, dass sie am 21. Jänner 1793 in ohnmächtiger Wut den dumpfen Trommeln lauschen mussten, mit denen Ludwig XVI. zum Schaffott begleitet wurde; und als Gipfel der Schmach und des Entsetzens am 16. Oktober 1793 der bleiernen Stille gegenwärtig wurden, durch die der Schinderkarren mit der einstigen Königin zum Richtplatz fuhr. Einige der Altdienenden werden sich noch daran erinnert haben, wie Marie-Antoinette im Mai 1770, noch nicht ganz 15 Jahre alt, in Compiegne von Ludwig XV. empfangen wurde, dem sie sich, wie es ihr ihre Mutter genau eingelernt hatte, zu Füssen warf, und der sie aufhob und diesen seidenraschelnden Schatz aus Jugend, Grazie und Frische als alter Kenner gar nicht mehr aus den Armen lassen wollte, während der Dauphin, ihr künftiger Mann, nur einen timid-kurz- sichtigen Blick für sie übrig hatte.
Und sie werden sich an die in aller Natürlichkeit so hoheitlichelegante Königin erinnern, die mit ihrem frischen Lebensdurst allen höfischen Zwang sprengte und so recht eine Königin war, in den Augeri des Gardisten, so wenig der König ein König war.
Und sie werden sich des Tages erinnern, wo all das Unheil begonnen hat, am 5. Mai 1789, wo die Garde die königliche Familie mit allem Pomp der Monarchie begleiten musste, vom Schloss Versailles zum Tagungsort der Generalstände, wo die Königin, mit 35 Jahren schon fast weiss geworden, von der Flut der Verleumdung, der Intrigen und des Hasses, die plötzlich, ohne dass sie etwas verbrochen hätte, über sie gekommen war, wiederum das Opfer eines der tragischen Missverständnisse war, die ihre späten Jahre so verbitterten: Man warf ihr zerstreut-verletzende Interesselosigkeit vor für das große Ereignis, das Zusammentreten der Generalstände, wovon sich ganz Frankreich den Beginn einer neuen glücklichen Epoche erhoffte. Aber was sind einer Mutter alle politischen Utopien, wenn der erstgeborene Sohn, zum Tode krank, in Kissen gebettet, auf dem Balkon liegt, um die Pracht des Zuges und die Mutter in der Staatsrobe zu sehen und ihr, vielleicht ein letztes Mal, zurückzuwinken.
Und später, wenn dem üerlebenden Gardisten die Zeichnung Davids von der Königin auf ihrer Fahrt zum Tode gezeigt wurde, da konnte er's nicht glauben, dass die schwergeprüfte Königin, die seinen Mut entflammt hatte, am Morgen des 10. August noch so viel Leid ertragen konnte, bis diese letzte Starre des Schmerzes erreicht war, wie auf dieser Zeichnung mit den trocken brennenden Augen, weil alle Tränen bis zur allerletzten ausgeweint waren. Und trösten wird ihn nur, dass stolz und aufrecht auch mit den nach hinten gefesselten Händen die Kaisertochter auf dem Schinderkarren fuhr und sie in grenzenloser Verachtung des Gemeinen die letzte hoheitliche Order an den Henker gibt: "Beeilen Sie sich!"
Heute, schon aus historisch kühler Ferne, blicken die brechenden Augen der ungebeugten Königin, der stolzen Tochter unseres Landes, auf uns zurück. Aber mir ist es stets, als sähen sie mich an durch allen bramarbasierenden Rauch und Schall, womit die französische Revolution das Geleistete anzupreisen und die Opfer zu vernebeln nicht müde wurde. Und war das von so vielen vielfach Gepriesene wirklich nur zu leisten, gepfropft auf die blutigen Körper des bestintentionierten Königs, der je auf Frankreichs Thron sass, eines Idealkönigs für eine wirklich demokratisch-freie konstitutionelle Monarchie, nur allzu gütig-schwach gegenüber den anarchischen Tendenzen, mit denen neue Ideen stets verbunden sind?
Und der überall nur Glück spenden wollenden Königin, die von einer überbeschäftigten Kaiserin nur sehr unvollkommen erzogen und auf ihr entsetzlich schweres Amt vorbereitet, höchstens der läss1ichsten Sünden jugendleichter Heiterkeit angeklagt werden kann, und dass sie nicht die schier übermenschliche Kraft besass, die tausend sie umgebenden interessierten Schmeichler abzuwehren und zu durchschauen? Und das Schneiderlein und die Schweizer und die lebensopfernden Edelleute und zirka 250.000 weitere, zum allerallergrössten Teil unschuldig hingerichtete Menschen, sollte das wirklich der Humus sein für die grossen menschheitsverändernden Ziele der Revolution? Oder zeigt sich im blassklaren Lichte ferner, den Leidenschaften des Tages entrückter und von neueren Erfahrungen geschärfter Geschichtsschau, dass die drei unverrückbar erscheinenden Ideale, für die diese ganze bittere Tragödie ablaufen musste: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, in der dargebotenen hohlrationalistischen Form nur eindrucksvoll wuchtende aber eigentlich blinde Fassaden sind, die täuschend vorgelagert sind dem echten Bau menschlicher Sehnsüchte, die ungleich komplizierter, tiefer und unaussprechlicher der behutsam sorgenden Aufdeckung harren und vielleicht nur einmal in der Weltgeschichte wirklich erahnt, entdeckt und zum gewaltigen Sturm echter Befreiung entfacht wurden, auch wenn wir es als rein historisches Faktum ansehen: in der Geburtsstunde des Christentums.
Der Zeremonie, die heute noch täglich viele tausend Male und um die ganze Welt dieser grossen Stunde der Menschheit gedenkt, glauben in unserer Zeit viele aus Mangel an Glauben an die sie umgebende Lehre oder weil sie sie überhaupt unbedingt an eine Lehre gekoppelt glauben, fernbleiben zu sollen oder zu müssen. Aber ich glaube, dass man sie auch empfinden darf, als stets erneuerte Erinnerung an den von so wunderbarer Wirkung begleiteten ersten liebend-zitternden Versuch, die ewig leidende Verbitterung des Menschen in einem Triumphzug der Demut in den tiefen Glanz und die reuelose Lust der Hingabe zu wandeln. Und langsam, wenn nun Blatt um Blatt der einst geräuschvollgepflanzten und nun schweigend verdorrenden Freiheitsbäume zur Erde sinkt, hören wir aus ängstlicher, um die wirkliche innere Freiheit bangender Stille wieder das Pochen all dieses damals mutwillig vergossenen Blutes.
Oh, lauschen wir! Es wird uns Richtigeres lehren, als die Fanfarenstösse der Sieger des 10. August 1793.
Nach dem 10. August wurden alle Schweizer Regimenter nach über 400Jahren höchster Bewährung von der Assemblee sangund danklos aufgelöst. In der Eidgenossenschaft war die Empörung, insbesonders nach Kenntnis der Septembermorde in den Gefängnissen, ungeheuer. Alle Truppen wurden sofort rückberufen.


22. September 2007

An den Grafen Mercy, 3, Feb. 1791


Marie Antoinette schreibt einen Brief an Ihren österreichischen Botschafter und erklärt Ihre schwierige Lage in Frankreich und bittet um Hilfe aus dem Ausland.



Endlich, Herr Graf, bietet sich um die seit lange angekündigte Gelegenheit: diese Kassette enthält meine Diamanten, der König hätte gern seine eigenen dazugetan, doch haben wir es nicht gewagt, da sie der Krone gehören und uns, wie wir befürchten, jeden Augenblick unter dem Vorwande, sie wären nationales Eigentum, abgefordert werden können. Ihr Brief vom 24 hat mir viel Kummer und Leid gebracht, Trotz aller Widerstände oder Unfälle, auf die wir uns nach Ihren bei dieser zuverlässigen Gelegenheit unseren ganzen Plan auseinandersetzen.
Wir dürfen auf die Treue, die Verschwiegenheit und den guten Willen der Herrn vol Boulliè rechnen, doch teilt er unsere eigene Ansicht, dass man ohne Beistand der auswärtigen Mächte nichts unternehmen kann und dass diese Unterstützung für uns Gefahren mit sich bringt, solange wir noch in Paris sind. Nach reiflicher Überlegung haben wir als einziges Mittel unseres Entkommens die heimliche Flucht erkannt, denn Herrn von B. vermag weder für alle unter seinen Oberbefehl stehenden Truppen noch für die Behörden der an unserem Wege gelegenen Städte einzustehen, vermag uns also eine Reise nicht zu sicher. Außerdem glaubt er, dass die Zusammenziehung größerer Truppenmassen verdächtig erscheinen könnte, Er rät uns von Metz ab, denn diese Stadt erscheint ihm zu groß, ihre Bevölkerung allzu gemischt und von keinem guten Geiste beseelt, auch zu weit von der Grenze gelegen; doch schlägt er uns Montmèdy als Zufluchtsort vor, das davon nur eine Meile weit entfernt liegt. Es ist dies eine kleine aber starke Festung, die eine gute Verbindung mit dem benachbarten Luxenbourg hat, und der Ort bietet uns noch außerdem zwei andere Vorteil: dass niemand auf ihn verfällt und dass Herr von B. es dort leichter hat, Truppen zusammenzuziehen und unter dem Vorwande, dem durch die Österreicher verursachten panischen Schrecken zu begegnen, Kriegs- und Mundvorräte anzuhäufen; er hat damit alle in diesen Gegenden stehenden Mannschaften zuverlässig und treu, auch hoffte er, wofür er allerdings nicht einstehen kann, Daß sich in kurzer Zeit noch andere um den König scharen werden, Auf Grund aller dieser Überlegungen haben wir uns also für Montmèdy entschieden, von wo wir, wenn die von Ihnen vorhergesehenen Umstände uns wirklich zum Verlassen dieser Grenze zwingen, uns mit unseren Truppen über Elsaß in die Nachbarschaft der Schweiz zurückziehen können. Unsere Flucht soll bei Nacht stattfinden, wir wollen dann nur mit unseren Kindern und in einem einzigen Wagen nach unseren Zufluchtsort reisen: Monsieur, Madame und Elisabeth sollen zusammen aus dem Luxenbourg entfliehen und die Straße nach Valenciennes einschlagen: Frau von Tourzel und Herr Brissac oder Herr von Villequier werden uns zu Wagen begleiten, Herr von Briges uns voran reiten. Daß das Gelingen dieses Planes von seiner Geheimhaltung abhängt, haben wir noch niemand von ihm unterrichtet, nicht einmal die genannten Herren, die wir erst im Augenblick der Abfahrt verständigen werden. Wir haben uns einen fremden Wagen Beschafft, den keiner von unseren Leuten kennt und keiner von Ihnen wird in das Geheimnis gezogen.
Sie kennen den Stand unsere Unterhandlungen mit Spanien und der Schweiz. Ehe wir nicht etwas Sicheres über die Absichten dieser Mächte und des Kaisers wissen, wollen wir nichts unternehmen, Die antworten der beiden Erstgenannten will ich Ihnen sogleich nach ihrem Einlauf mitteilen. Wir sind, mit einem Worte, entschließen, nichts zu überstürzen. Wie wollen liebe ein Jahr länger gefangen und dafür des Entkommens sicher sein, als Gefahr laufen, zurückgebracht werden.
Der König beschäftigt sich gegenwärtig mit der Vorbereitung des Minifestes, das er von seinem Zufluchtsort aus unbedingt sofort veröffentlichen muss. Er muss darin zunächst die Gründe seines Entweichens anführen, seine Verzeihung dem nur irregeleiteten Volk aussprechen, es durch den Ausdruck seines Wohlwollens in schmeichelhaften Wendungen wieder für sich gewinnen und von der gewährten Verzeihung bloß die Häupter der Aufständischen und der Stadt Paris ausnehmen, desgleichen alle Aufrührer, die bis zu einer bestimmten Frist nicht die Waffen niedergelegt hätten. Ebenso muss er die Parlamente wieder als bloße Gerichtshöfe ohne irgendwelchen Einfluss auf die Verwaltung und die Finanzen einsetzen. Wir sind endlich entschlossen, die Erklärung vom 23. Juni zur Grundlage der Verfassung zu machen, mit einigen Abänderungen, die sich aus den Umständen und aus den Ereignissen mit Notwendigkeit ergeben haben. Die Religion wir als einer der wichtigsten Punkte zu betonen sein. Wir beraten unter uns über die sehr schwierige Auswahl der Personen, die wir in unsere Nähe berufen wollen, sobald wir in unseren Entschlüssen wieder frei sind nach meiner Ansicht empfiehlt es sich, einen Einzelnen an die Spitze der Geschäfte zu stellen, wie es früher mit Herrn von Maurepas der Fall war. Auf diese Art wäre der König der Schwierigkeit enthoben, mit jedem Minister im besondern zu verhandeln, und die Geschäfte gingen einen gleichmäßigeren und ruhigeren Gang, Schreiben Sie mir, was Sie von diesen Gedanken halten. Der Mann ist freilich nicht leicht ausfindig zu machen, und je mehr ich nach ihm ausspähe, desto mehr Unzukömmlichkeiten finde ich an allen.
Herr de la Marck legt immer mehr Eifer und Ergebenheit für mich an den Tag. Wie er mir mitgeteilt hat, steht er mit Ihnen im Briefwechsel und wird Sie vielleicht bald auf kurze Zeit besuchen, Dann will ich ihm einen Brief an Sie mitgeben. Da er uns nach seiner lang gewohnten Art und wegen seiner engen Verbindung mit dem Herrn von Montmorin und Mirabeau, wie ich glaube, nützlich zu sein vermag so will ich, ohne ihm das geringste anzuvertrauen, doch meinen Brief so abfassen, dass er ihn, wenn er Lust hat, lesen kann. Ich will von all den Intriganten und Rebellen aller Art, mit denen wir jetzt scheinbar in Verbindung stehen, nicht erst zu reden beginnen. Unser Urteil über sie haben Wie in meinem letzten Briefe gefunden. Dort habe ich auch den Namen des Herrn Gilliers genannt. Seine Absichten sind gut, doch er ist ein Querkopf, der keinen geraden Schritt geht, Er trägt sich mit Unausführbaren und will durchaus nach Wien reisen, um den Kaiser seine Ideen vorzutragen. Ich halte ihn soviel wie möglich zurück, doch werde ich ihn vielleicht gerade wegen seines unverantwortlichen Betragens seines Weges ziehen lassen müssen. Er wäre angezeigt, in Wien vor ihn dort durch Höflichkeiten hinzuhalten. Das einzige Gute an ihm ist, dass er Sie über unsere wirkliche Lage aufklären kann, sobald er aber auf seine Plan zu sprechen kommt, werden Sie sehen dass er undurchführbar ist.
Ihr Schreiben und alles, was ich hier erfahre, machen mich sehr besorgt um die äußere Politik. Ich halte es für ausgemacht, dass die Holländer mit Preußen vereint den Kaiser in Schlesien und den Niederlanden in dem gleichen Augenblick überfallen werden, in dem er in Brabant Ruhe zu haben oder gar uns beizustehen scheint, Gleichzeitig würden dann die verbündeten Flotten von England und Holland zum mindesten unsere Inseln bedrohen und Spanien im Schach halten. Das Verhalten des Herrn von Bolz (?) und des Juden Ephraim lässt keine Zweifel an den Gesinnungen ihres Hofes gegenüber Frankreich und dem Hause Österreich übrig, Um allen diesen Plänen zu begegnen, müssten wir uns deshalb der Nordmächte versichern. Der König von Schweden hat uns wiederholt seinen guten Willen dargetan, doch ist seine Stellung derart, dass er ohne fremdes Geld nicht auskommen kann England bietet ihm solches schon seit langer Zeit an, doch her er jetzt noch die Vorteile, die ihm das Bündnis mit uns bietet, der Annahme vorgezogen. Wie es heißt, hat er sich nun an Spanien um Geld gewandt und ist bereit, sich mit Russland, dem Kaiser und der genannten Macht zu verbinden, Er wäre uns sehr viel daran gelegen, dass Spanien einschlägt, da der König sonst trotz allem auf das englische Angebot eingehen konnte, Der Kaiser und selbst die Kaiserin scheinen uns freundlich gesinnt; wenn sich nun die Kaiserin, wie ich annehme, mit dem Beweise ihres Übergewichtes über die Hohe Pforte zufrieden stellt und mit der Türkei Frieden schließt, so müsste man unverzüglich über den Abschluss eines Bündnisses zwischen dem Reich, Spanien, Russland und Dänemark verhandeln (denn die beiden letzteren vermögen für sich allein nichts gegen England und müssen unfehlbar dem Beispiel der beiden Hauptmächte folgen), um sich den Plänen Preußens, Hollands und Englands entgegenzustellen, Diese Allianz ist mit allen möglichen Mitteln zu betreiben, man muss den Mächten zu verstehen geben, dass es im Sinne einer oder der anderen unter ihnen gelegen sein kann, Frankreich zu erniedrigen und seine Einfluss zu verringern, doch dass sein gänzlicher Untergang oder seine Zerstückelung niemals zu den Grundlagen einer europäischen Politik gehören können. Die gegenwärtigen Ereignisse geben ferner, wenn Sie ungestraft bleiben, ein gar zu böses Beispiel ab. Unsere Sache ist die gemeinsame Sache aller Könige und mehr als eine politische Gelegenheit. Allein, wir haben weder hier noch an irgend einem auswärtigen Hofe einen Minister, dem wir uns anvertrauen könnten, Ihre Klugheit. Herr Graf, und dem uns stets versicherten guten Willen meines Bruders vertrauen wir diese wichtigen Verhandlungen mit dem Norden an. Die mit Spanien sind noch weit schwieriger zu führen; es wäre sehr zu wünschen, dass der Kaiser oder seine Gemahlin über diese Geschäfte in eigener Person mit dem dortigen Hofe unterhandeln könnte. Doch stehen sie dazu genug miteinander? Gerade das weiß ich nicht. Wir haben hier allerdings ihren Gesandten in unserer Nähe, der an unseren Geschicken eifrigen und warmen Anteil nimmt. Doch kennen Sie ihn selbst: er kann, von seiner Persönlichkeit ganz abgesehen, keinen anderen Ton einschlagen, als sein Hof ihm vorschreibt, und es wir ihm dabei niemals gelingen, die Absendung einer Antwort zu beschleunigen oder aus der den Spaniern eigenen Trägheit herauszugehen. Es bleibt also nur Herr von Vauguyon übrig, der zwar mehr königlicher Minister ist, aber trotzdem unmittelbar in unserem Namen unterhandeln könnte. Der König möchte seine Hilfe sehr gerne umgehen, doch glaube ich, dass derselbe hinterhältige Geist, der ihn, aller Welt zum Trotz und nur auf den ausdrücklichen Willen des König Karl hin, zu seinem Verbleiben am spanischen Hofe bewegt, ihn auch dazu befähigen wird, sich in der Hoffnung, dadurch wieder eine Stellung zu erlangen, für uns einzusetzen und unter Umständen die günstige Stimmung Spaniens dafür ausnützen. Wir würden dann mit ihm durch den Baron Breteuil verkehren, an den wir Briefe in zuverlässiger Weise befördern können.
Hier geht man daran, an alle auswärtigen Höfe neue Gesandte und Minister zu entsenden. Es wäre sehr wünschenswert, dass sie von sämtlichen Mächten und den deutschen Fürsten mit ihnen zurückgewiesen oder wenigstens so streng beobachtet würden, dass man sich ihrer bei der geringsten Bewegung entledigen könnte, Das wäre für die Ruhe ihres Aufenthaltsortes ebenso wichtig, wie uns damit ein großer Dienst erwiesen würde. Denn ich halte es für ausgeschlossen, dass irgend ein Herrscher einen solchen Minister empfangen könne, dem der König kein Vertrauen schenkt und der sich, als Gesandter des „König der Franzosen“ vorstellt, also solch einen Titel beruft, unter dem uns die anderen Mächte bisher nicht anerkannt haben. Der König von Schweden hat bereits eine förmliche Erklärung in diesem Sinne gegeben und Spanien scheint, allerdings mehr im geheimen, dasselbe zu beabsichtigen. Wer nach Wien kommen soll, weiß ich noch nicht – vielleicht der Graf Ségur: er wäre der würdige Mann der Ständeversammlung. Doch hoffe ich, daß der Kaiser weder diesem noch irgend einem anderen gegenüber vergessen wird, daß dieser Gesandte weder der Vertreter seines der Freiheit beraubten Schwagers noch seiner Schwester ist und dass er ihn als solchen anerkennen noch überhaupt empfangen wird. Solange der König seine Freiheit nicht zurückerlangt hat, kann der König seine Freiheit zurückverlangt hat, kann er keinen dieser mit Zwang begleiteten Vorschläge zurückweisen. – Herr von Blümdorf hat mir soeben eine Nachricht des Wiener Kabinetts vom 27. Januar übersandt, durch die mich der Kaiser davon verständigt, daß er einen Empfang des Grafen Artois und des Herrn von Galonne abgelehnt habe, Gleichzeitig spricht mein Bruder darin seine Billigung unseres Verhaltens aus, doch ist der Brief etwas seltsam abgefasst. Er rät mir darin ab, „irgend einen entscheidenden Beschluss in absehbarer Zeit zu fassen“ so daß ich fürchten muß, erwolle seine Hilfe allzu lange aufschieben. Statt dessen wird unsere Lage von Tag zu Tag unerträglicher, denn die gänzliche Untätigkeit, zu der wir verurteilt sind beschleunigt das Tempo der Aufwiegler immer mehr und erniedrigt uns von Tag zu Tag. Je länger man jetzt noch zaudern will, desto fester wird dann ihr Werk gefügt sein. Schon spricht man davon, daß die Herzöge von Deur-Pontes und von Würtenberg mit ihnen Unterhandlungen pflegen. Ihr böses Beispiel kann dann noch andere verderben, und liegt denn die Befürchtung nicht nahe, daß das Leid Frankreichs ausbreitet, wenn man diese Saat noch länger keimen lässt! Sie müssen diese Gefahr am besten kenne, denn nach meinem Dafürhalten kann Brabant niemals zur wirklichen Ruhe kommen, solange Frankreich in seinem gegenwärtigen Zustand der Auflösung aller Gewalten und der bürgerlichen Unruhen befindet, Ich habe Ihnen bereits früher einiges von diesem Gedanken mitgeteilt und Ihnen seine nähere Ausführung versprochen: Verfertigen Sie bitte eine Abschrift von allem, was Ihnen in meinem Briefe wichtig erscheint und senden Sie sie durch einen Kurier nach Wie, der ohne Verzug mit einer Antwort zurückkehren soll. Denn ich möchte gerne, daß der Kaiser unsere Schritte kenne und billige und glaube, daß man, wenn überhaupt, spätestens im April handeln muß.
Bewahren Sie diesen Brief solange wie möglich auf und verbrennen Sie ihn, sobald Sie davon nach Ihrer Meinung einen hinreichenden Gebrauch gemacht haben.-
Die Person, die Ihnen die Schachtel überbringen soll hat sich verspätet, und ich sende Ihnen den Brief durch einen anderen zuverlässigen Boten. Vergessen Sie nicht, mit seinen Empfang sogleich zu bestätigen, desgleichen von der Schachtel, die Sie erst zu Beginn der nächsten Woche erhalten können. Herr Goguelat, dessen Namen ich Ihnen gegenüber schon mehrfach erwähnt habe, wird Ihnen einen Schlüssel zu Chiffren übergeben. Wir wollen uns ihrer nur zu den wichtigsten Angelegenheiten bedienen, die ich Herrn von Blümdorf nicht anvertrauen möchte. Herr Gogu. Weiß nichts Genaues und soll es auch nicht erfahren. Er ist nichts als zuverlässiger Mensch, Offizier des Generalstabes und sehr verständig, Sie können mir durch ihn jede beliebige Antwort zukommen lassen, auch ohne Chiffren, nur umgehen Sie in dem Brief meinen Namen.
Wir haben uns doch entschlossen, Herrn von Vauguyon gegenüber Spanien zu verwenden.
Falls Sie aus Paris Koffer mit Kleidungsstücken erhalten sollten, die an meine Schwester aufgegeben sind, behalten Sie sie bitte und senden Sie sie uns später an den Ort nach wo wir ihrer bedürfen werden.
Leben Sie wohl, Sie werden aus kleinen Unterschieden in der Schrift erkennen, daß ich diesen Brief wiederholt beiseite gelegt und wieder fortgesetzt habe, doch sind meine Gefühle für Sie, die der Hochachtung und der mein Leben lang entgegengebrachten Freundschaft immer (wie zu allen Zeiten!) die gleichen geblieben