19. Februar 2008

Abbé de Vermond ...

... einer der engsten Vertrauten der Königin Marie Antoinette, von dem die Historiker wenig sprechen, weil er hinter den Kulissen wirkte, übte einen entscheidenden Einfluss auf alle Handlungen der Königin aus. Sein Einfluss auf Marie-Antoinette hatte begonnen, als diese in einem Alter stand, wo die Eindrücke bleibend sind.
Es war leicht zu ersehen, dass es ihm nur darauf ankam, sich bei seiner Schülerin beliebt zu machen, statt sich mit dem Unterricht zu beschäftigen, Man könnte ihn sogar beschuldigen, sie in geschickter aber sträflicher Berechnung in Unwissenheit gelassen zu haben, Marie-Antoinette sprach sehr gut Französich schrieb es aber weniger gut. Und so prüfte der Abbé alle ihre Brief, bevor sie nach Wien gingen. Darauf bildete er sich nun unendlich viel ein, und dieses Moment enthüllt seinen wahren Charakter, dem es wichtiger war, in intime Geheimnisse eingeweiht zu werden als sein Lehramt in würdiger Weise auszufüllen.
Seine Einbildung war in Wien entstanden, wo Maria Theresia im erlaubt hatte, sich jeden Abend im vertrauten Familienkreis einzufinden. Damit wollte die Kaiserin ihm Einfluss auf den Charakter der Erzherzogin verschaffen, ihn aber auch selbst beaufsichtigen. Dieser Kreis bestand aus Joseph II., den älteren Erzherzoginnen und einigen Herren, die das Vertrauen Maria Theresias besassen. Die Unterhaltung der Gesellschaft drehte sich um alle jene Dinge, die Personen von hohem Rang beschäftigen: Betrachtungen über die Gesellschaft im allgemeinen, über die Fürstenhöfe, über die Pflichten der Fürsten usw.
Infolge seiner dauernden Beziehungen zum Grafen Mercy, der während der ganzen Regierung Ludwigs XVI. österreichischer Gesandter in Paris war, ist er wahrscheinlich dem Wiener Hof sehr nützlich gewesen.
Aus einfachen Bürgerkreisen stammend, für die Lehrsätze der neuen Philosophie eingenommen, legte der Abbè von Vermond dennoch ungleich mehr Wert als irgendein Geistlicher auf die Einhaltung der Hierachie des Klerus. Er selbst war eitel, schwatzhaft, fein und grob zugleich, sehr hässlich und dabei den Sonderling affektierend, Die höchgestellten Persönlichkeiten behandelte er wie seinesgleichen, ja wie Untergebene. Er scheute sich nicht, Minister und Bischöfe im Bad zu empfangen. Vermond war von der Aufnahme berauscht, die er am Wiener Hof gefunden hatte. so bewunderte er und schätzte er nur die am kaiserlichen Hof herrschenden Sitten. Ständig zog er die Etikette des Hauses Bourbon ins Lächerliche, Dadurch wurde natürlich die junge Gattin des Dauphins aufgereizt,auf Grund seiner Spottreden sich von dieser Etikette zu lösen.
Vielleicht werden manche finden, dass ich den Abbé von Vermond zu streng beurteile. Erst masste er sich die Rolle eines Vertrauten und einzigen Ratgebers der Königin an, die er mit wenig Klugheit leitete.
Ludwig der XVI. schätze den Abbé überhaupt nicht und sprach ihn in den neunzehn Jahren die er am am Franzöischen Hofe zubrachte so gut wie nie persönlich an.

Text aus dem Buch "Der Hof von Marie Antoinette" von Madame Capman