12. September 2008
Marie Antoinette und Abbé Vermond
Aus der Feder von Madame Chapman kennen wir die wenig schmeichelhafte Beschreibung von Abbé Vermond .
Der Lebensabschnitt des jungen Vermond in Wien um 1769, festgehalten von Rocheterie, ist weniger streng und gibt ein anderes Bild wieder.
Abbé Vermond war ein ernster Charakter, arbeitsam, vielleicht nicht ganz uneigennützig, doch aufrichtig ergeben, was auch Madame Capman sagen möge, die ihn in ihren Memoiren angeschwärzt hat, ohne Zweifel aus beruflicher Eifersucht und Nebenbuhlerschaft; er spielte bei seiner kaiserlichen Schülerin keineswegs die hässliche Rolle, die ihm die Kammerfrau andichtet. Er suchte sie nicht „vermöge einer geschickten und strafbaren Verrechnung in Unwissenheit zu lassen“.“ Seine Briefe die jetzt Bekannt sind, beweisen, dass er seine Mission gewissenhaft erfüllte und sich ohne Hintergedanken damit befasste, die Lücken auszufüllen, welche die übel verstandene Zärtlichkeit der Gräfin Brandeis in der Erziehung der Erzherzogin gelassen hatte.
Gleich nach seiner Ankunft in Wien verfasste er einen Unterrichtsplan, den die Kaiserin billigte. Derselbe umfasste Religion, französische Geschichte mit besonderer Hervorhebung des Charakteristischen in Gebräuchen und Sitten, die Kenntnis der hohen Familien, namentlich derjenigen, die Hofämter bekleideteten, eine allgemeine Übersicht über die französische Literatur mit besonderer Berücksichtigung der Sprache und Rechtschreibung.
Um diese Studien für ein Mädchen, das so wenig an Zwang gewöhnt warm weniger verdrießlich zu machen, gab ihnen der Abbé so viel wie mögliche eine konversationelle Färbung, die vielleicht den Vorteil hatte, einem so unsteten Geiste leichter Kenntnisse beizubringen, aber den schweren Übelstand mit sich führte, den jedem ernsthaften Fortschritte so schädlichen Mangel an Selbstständigkeit fortbestehen zu lassen.
Während der Lehrer in großen Zügen die Geschichte der französischen Monarchie vortrug, hielt er zuweilen inne, um das Urteil seiner Schülerin über das Verhalten der Könige und vornehmlich der Königinnen auszuforschen, und konnte mit Genugtuung konstatieren, dass ihr Urteil fast stets richtig was. Die junge Prinzessin besaß eben einen hohen Grad von Verständigkeit, aber auch eine gewisse Lässigkeit, diese Geistesanlage ununterbrochen zur Anwendung zu bringen.
„Ich konnte sie nicht, “ sagte der Abbé „dran gewöhnen, in einen Gegenstand gründlich einzudringen, obwohl ich fühlte, dass sie dessen gar wohl fähig war.“
Maxime de la Rochetrie s. 10, 11
Anm.: Das gezeigte Gemälde ist von Joseph Caraud, einem Maler des 19. Jhdt., das Marie Antoinette mit dem Abbé zeigt. Erkennt ihr den Ort,den das Gemälde zeigt? Tipp: Seht euch die Fotografie des "Petit Trianon" im Titel genauer an.
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