12. April 2008
Rudolf I. gegen Ottokar II.
Die Schlacht bei Dürnkrut und Jedenspeigen. Teil 1:
Rudolf I. von Habsburg, ein erfahrener Kriegsführer, gelang es am morgen des 26. August 1278 den Böhmenkönig Ottokar den II. zur Schlacht zu stellen.
Früh bei Sonnenaufgang, werden die Kämpfer in Rudolfs Lager geweckt. Der Bischof von Basel, ein Intimus* von Rudolf I., liest die Messe und predigt in schlichten, ergreifenden Worten, um verzagte Gemüter aufzurichten. Viele empfangen die Kommunion, die im Mittelalter nur an Menschen ausgeteilt wurde, die sich in Todesgefahr befanden. Der König spendet weltlichen Trost: An einer Reihe junger Edelknappen vollzieht in dieser feierlich-ernsten Stunde das Reichsoberhaupt die Zeremonie der Schwertleite. Sie werden in den Ritterstand aufgenommen, was ihnen im Falle der Gefangennahme bessere Behandlung verheißt.
Dann ist es Zeit für die Schlachtordnung. Im ersten Treffen machen sich die Ungarn bereit, umschwärmt von ihren kumanischen Hilfstruppen. Im zweiten Treffen sieht man die Österreicher, keilförmig aufgestellt. In der Mitte des Dreiecks der alte Haslauer, der wohl schon 80 Jahre zählt, er führt das Banner „mit dem weißen Strich“, die ehrwürdige rotweißrote Fahne Österreichs. Dahinter, im dritten Treffen, mit Rudolf, weht das weisse Kreuz im roten Feld, die Sturmfahne des Reiches, mit fester Hand geführt vom Burggrafen Friedrich von Nürnberg, um den sich Steirer, Schwaben und Franken scharen. Die Kämpfer Rudolfs tragen ein Kreuz als Erkennungszeichen, rot oder weiß. Die Farbe ist nicht einheitlich. „Rom, Rom“ und „Christus, Christus“ soll das Feldgeschrei sein. Der König inspiziert noch ein letztes Mals seine Truppen um sich dann ins dritte Treffen zu begeben wo sich seine besten Kämpfer befinden.
Er sei in großer Sorge gewesen um sich und die Seinen, weiß der Chronist von Colmar, Ottokar hingegen seines Sieges sicher.
Um neun Uhr morgens eröffnet Rudolf von Habsburg den Kampf. Sein erstes Treffen reitet an. Es sind die Ungarn und Kumanen, sie haben die Ehre des Vorstreites ausbedungen, Ihr König ist nicht bei ihnen, er erschien mit seinen 18 Jahren Rudolf noch zu jung, um mitzukämpfen. Um den jungen Ungarnkönig Ladislaus versammelte sich Geistlichkeit, die betend und singend das Kampfgeschehen aus sicherer Entfernung verfolgte. Nur Bischof Heinrich von Basel reitet in prächtiger Rüstung hoch zu Roß einher, für Kleinmütige spendet er Trost, die Mutigen feuert er an, und hätte es ihm seine geistliche Würde und des Königs Sorge um den unentbehrlichen Freund nicht verwehrt, er hätte selbst zum Schwert gegriffen.
So bleibt ihm nur übrig, das alte Marienlied anzustimmen, das alle kennen und in das sie alsbald begeistert einfallen:
"Sankta Maria, Mutter und Magd, all unsere Not sei Dir geklagt.“
Inzwischen sind die Ungarn an Dürnkrut vorbei ins Kruterfeld hinabgestürmt, gefasst erwartet dort Ottokar erstes Treffen auf Ihren Angriff . Es sind die böhmischen und mährischen Ritter. Bewußt hat sie Ottokar in dieses Treffen gestellt, und die Deutschen ins zweite, er sucht eine frühe Entscheidung, sein drittes Treffen, bestehend aus polnischen und schlesischen Kontingenten, gilt als weniger Kampfkräftig. „Hospodine pomilu ny“, „Herr erbarme Dich unser“ singen die Böhmen und Mährer, eine ernste, den gregorianischen Chorälen ähnelnde Melodie, die bald übetönt wird vom wilden Gebrüll der Kumanen und dann wohl gänzlich erstirbt unter dem Pfeilhagel aus den Reflexbögen, der auf die Ritter niedergeht, ohne daß sie sich wehren können. „Praga, Praga“ ertönt nun ihr Schlachtruf, und trotz ihrer in dem Pfeilgewitter erlittenen Verluste stellen sie sichden den Ungarn zum Kampf, die anfangs arg in Bedrängnis kommen: Palatin Matthäus stürzt vom Pferd und entgeht nur knapp dem Tod. Die magyarischen Adeligen mögen schwächer gerüstet sein, ihre Waffen aber verstehen sie vortrefflich zu führen, so, als hätten sie allesamt in Frankreich fechten gelernt, wie ein Kenner dieser Kunst, der Reimchronist, anerkennend urteilt. Die Böhmen und Mährer jedenfalls sind diesen brillanten Fechtkünsten nicht gewachsen, sie wenden sich zur Flucht nach Nordwesten gegen Zistersorf zu, die Magyaren und Kumanen hinterdrein im Rausche des Sieges. Sie denken nur noch ans Beutemachen, auf dem Schlachtfeld spielen sie vorerst keine Rolle mehr.
Jetzt wirft Ottokar sein zweites Treffen in die Schlacht, die Elite, auf die er seine größte Hoffnung gründet, die „deutschen Gäste“. Auf ihren schweren Rossen, die Lanzen drohend nach vorn gerichtet, stürmen sie den Österreichern entgegen, die tapfer den Kampf mit dieser furchterregenden Übermacht aufnehmen,
Nun erst beginnt das eigentliche, die Schlacht der schwergerüsteten Ritter. Wie auf dem Turnierplatz reiten sie aufeinander zu in langer Reihe, aus heisereren Kehlen ihre Schlachtrufe brüllend, die ihnen Mut machen sollen für ihr gefahrvolles, blutiges Handwerk. Der Zusammenprall ist fürchterlich: Lanzen splittern, Pferde und Menschen stürzen, das Gewieher der erschreckten Tiere mischt sich mit den Schmerzensschreien der Verwundeten. Die Österreicher, mögen sie auch tapfer fechten, können nicht lange standhalten, zu gering ist ihre Zahl, zu groß sind ihre Verluste. Sie fliehen nicht, aber sie werden zurückgedrängt auf das dritte Treffen, das daher früher, allzu früh, in den Kampf eingreifen muß. Fest hält der Burggraf von Nürnberg, das Banner des Reiches in der Faust, denn geht es um die Entscheidung. Wankt auch Rudolfs drittes Treffen und dem Ansturm der Feinde, ist die Schlacht für ihn verloren. Erbittert muß diese Ringen gewesen sein, Deutsche schlagen auf Deutsche, Schwaben auf Bayern, Bayern auf Elsässer, Elsässer auf Thüringer. Sie schenken einander nichts, Nicht einen Augenblick verschwenden Ottokars deutsche Gäste an den Gedanken, daß sie gegen den König jenes Reiches fechten, dem sie selber angehören, sie kennen kein Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit. Dem König von Böhmen haben sie Treue geschworen, und diese Treue werden sie halten, und sie wollen siegen. Daß es das Reichsoberhaupt ist, das sie in arge Bedrängnis, sogar in Lebensgefahr bringen ist ihnen gleichgültig.
Fortsetzung folgt
Intimus* enger Freund, Vertrauter
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