5. April 2008
Ludwig IX. - zwischen fasten und speisen
Heute wollen wir mehr über die Tischgebräuche Ludwig des IX. erfahren. Der Karpetinger, später Saint Louis genannt, hielt streng die Fastenregeln der damaligen Zeit und zeigte große Mäßigung bei der Nahrungsaufnahme. Trotzdem erfüllte er die Pflicht als Gastgeber vorzüglich und es werden uns einige Beispiele der Gastlichkeit im 13. Jahrhundert gegeben.
Guillaume de Saint-Pathus berichtet uns:
Obwohl dem heiligen König große Fische wohl mundeten, legte er die großen, die ihm aufgetragen wurden, oft beiseite und ließ für seinen Mund kleine Fische bringen , von denen er aß. Manchmal ließ er die großen Fische, die ihm vorgesetzt wurden, in Stücke zerlegen, damit man glaubte, er habe davon gegessen und doch aß er nichts von diesen Großen noch von anderen Fischen, sondern begnügte sich mit der Suppe und hieß die Fische als Almosen ausgeben. Und oft trug es sich zu, daß er, wenn Braten und andere Gerichte mit köstlichen Saucen vor ihn hingestellt wurden, Wasser in Würze gab, um den guten Geschmack der Sauce zunichte zu machen. Und wenn derjenie, der ihm vorlegte zu ihm sagte: „Herr, ihr verderbt Euch den Geschmack“, antwortete er: „Kümmert auch nicht darum, ich mag es lieber so“
Wenn die ersten Neunaugen nach Paris kamen und dem König und den anderen bei Tisch aufgetragen wurden, aß er nicht davon, sondern ließ sie den Armen reichen oder dem gemeinen Almosendienst zukommen. So wurden diese Gerichte dergleichen herabgesetzt, daß sie nur noch an die fünf Sous wert waren, wo sie doch am Anfang vierzig Sous wert waren. Vor ihm standen einen goldener Kelch und ein Glas, und auf dem Glas war ein Maß, bis zu dem er es mit Wein füllen ließ; alsdann ließ er so viel Wasser hineingeben, daß auf Viertel Wein ungefähr drei viertel Wasser kamen. Und bald trank er auf dem Glas, oder er gab das Getränk, nach dem es derart bemessen war, in den goldenen Kelch und trank aus dem Kelch.
Im Widerstreit zwischen seinen Wunsch nach Mäßigung und dem leidenschaftlichen Streben nach herausragender Frömmigkeit und Sittlichkeit möchte Ludwig ein Meister der asketischen Ernährung sein, doch er akzeptierte mildernde Umstände, teils aus Gesundheitsgründen, aber auch um seinen Ideal als maßvoller Prud`homme gerecht zu werden und um trotz allem seinen Rang zu wahren.
Manche seiner Untertanen und seiner Zeitgenossen haben darin sogar eine Form von Heuchelei gesehen, die man ihm vorwarf, ein Scheinheiligkeit nach Art der Bettelbrüder, die ihm Ratgeber und Vorbild waren.
Es bleiben noch zwei Zeugen, die nicht Hagiographen oder Biographen sind, sondern Chronisten, in beiden Fällen ausländische Ordensgeistliche:
Der junge Franziskanerbruder Salimbene von Parma berichtet über einen Mahl als der heilige Ludwig auf dem Weg zum Kreuzzug in Sens eintraf, wo im Juni 1248 das Generalkapitel der Franziskaner tagte. Er hebt hervor, daß dem König zum Empfang ein großer Hecht geschenkt wurde. Hier ist der Hecht nur eine Gabe, und wir erfahren nicht ob Ludwig ihn verspeiste – aber wir kennen seine Vorliebe. Jedenfalls erhält die Szene von der Ankunft des bußfertigen Königs durch diese Episode einen gastronomischen Akzent. Der König wird dem Festmahl nicht entrinnen: Zu seinen Ehren und zu Ehren seiner Gefährten scheuen die guten Franziskaner, stets zur Fröhlichkeit geneigt, keinen Aufwand, um in üppigen Mengen frische Köstlichkeiten aufzutragen.
An diesem Tag aber zahlte der König alle Kosten und speiste mit den Brüdern. Und wir speisten im Refektorium; und es nahmen dabei teil die drei Brüder des Königs, der Kardinal der römischen Kurie, der Generalminister, Bruder Rigaldus, Erzbischof von Rouen, und der Provinzialminister von Frankreich, ferner alle Kustoden und Kapitelordner und alle Vertauensmänner und alle Mitglieder des Kapitels und die Gastbrüder, die wir Forensen nennen.
Wir bekamen also an jenem Tage zuerst Kirschen, dann schneeweißes Brot, und königlichen Wein in Mengen, wie es königlicher Freigebigkeit entspricht. Und nach der Sitte der Franzosen gab es viele, die die Unwilligen einluden und zum Trinken zwangen, Dann bekamen wir junge Bohnen in Milch gekocht. Fische und Krebse, Aale in einer ausgezeichneten Sauce, Torten und Quarkkäse in kleinen Weidenkörbchen; und auch die üblichen Früchte bekamen wir reichlich und geziemend, Und alles ward mit Freundlichkeit aufgetragen und emsig serviert.
Der letzte Zeuge ist der englischen Chronist und Benediktiner Mathäus von Paris. Er hat sich gut über den Paris-Aufenthalt des König von England unterrichten lassen, nachdem Heinrich der III. gegen Ende des Jahres 1254 einer Einladung des Königs von Frankreich gefolgt war.
Am selben Tag speiste der Herr König von Frankreich, wie er es versprochen hatte, mit dem Herrn König von England im besagten alten Temple, im großen Königsaal, mit der zahlreichen familia aus Vertrauten und Gefolgsleuten der beiden Könige, Und alle Räume waren voller Tischgäste. Es gab keine Türhüter oder Kassierer, weder am Haupteingang noch an sonstigen Eingängen, und die Türen standen allen offen, und es wurde ihnen ein prunkvolles Mahl beschert, wobei das einzig Abstoßende vielleicht der Überfluß an Speisen war. Nie in der Vergangenheit hatte man ein so edles, so glänzendes, so vornehm besuchtes Banket gesehen, weder zur Zeit des Assuerus, noch zur Zeit von König Artus, noch zur Zeit Karl des Großen. Die unerschöpfliche Vielfalt der war erhebend, die Fülle an Getränken köstlich, der Tischdienst eilfertig und freundlich, die Sitzordnung der Gäste gut bestellt, die Freigebigkeit an Geschenken grenzenlos … sie tafelten in folgender Ordnung: Erhaben, in der Mitte, der König von Frankreich, der König aller Könige der Welt, mit dem König von England zu seiner Rechten und zu seiner Linken dem König von Navarra … Dann setzten sich die Herzöge nach Rang und Würden, und 24 Personen saßen auf erhöhten Plätzen zwischen den Herzögen. Es waren 12 Bischöfe anwesend, von manchen ranghöher geschätzt als die Herzöge, aber sie wurden mit den Baronen vermischt. Was die Zahl der rühmlichen Ritter anbelangt, so konnte man sie nicht zählen, Es gab 18 Gräfinen, unter ihnen die Schwestern der beiden Königinnen, nämlich die Gräfin von Cornwall, die Gräfin von Provence und von Anjou, und dazu die Gräfin Beatrix, ihre Mutter, die vergleichbar mit Königinnen waren. Nach diesem prunkvollen und herrlichen Mahl, obwohl es ein Fastentag war verbrachte der König von England die Nacht im großen Palais des Herrn König von Frankreich mitten im Herzen von Paris.
Die Tischregeln für Ludwig war im Karolinus, einem Fürstenspiegel festgeschrieben, den Ägidius von Paris im Jahr 1200 Prinz Ludwig überreichte, dem ältesten Sohn und Nachfolger Phillipp Augustus und leiblichen Vater des heiligen Ludwig, empfiehlt er dem jungen Prinzen, sich Karl dem Großen zum Vorbild zu nehmen, und schreibt die Disziplin des Kaisers bei der Tafel wie folgt:
Er kannte kein raues Gefühl in der Kehle,
weder Drängen im Bauch noch Räuspern auf offenem Halse,
sondern hielt auf maßvollen Lebenswandel,
außer wenn es sich geziemt, daß die Königspfalz
in reichlichem Prunk erstrahlte.
Nicht selten war er ein guter Tischgenosse
Und ließ nie mehr als vier Speisen zu.
Sein Vorzug bei Tisch galt gebratenem Fleisch,
das er gern als Lieblingskost hatte,
und erbat das gebratene Wild am Spieß,
kaum über die Sättigung hinaus,
und vom Wein trank er bei Essen nie öfter als viermal.
Hinter diesen Versen verbirgt sich ganz offensichtlich die Vita Caroli, Einhards Leben Karls des Großen aus dem 9. Jahrhundert:
Im Speis und und Trank war er mäßig, mäßiger jedoch noch im Trank, denn Trunken heit verabscheute er an jedem Menschen aufs äußerste, erst recht denn an sich und an den Seinigen, Im Essen jedoch konnte er nicht so enthaltsam sein, vielmehr klagte er häufig, das Fasten schade seinem Körper. Höchst selten gab er Gastereien und nur bei besonderen festlichen Gelegenheiten, dann jedoch in zahlreicher Gesellschaft. Bei gewöhnlichen Essen wurde nur vier Gerichte aufgetragen außer dem Braten, den die Jäger am Bratspieß zu bringen pflegten und der ihm lieber war als jede andere Speise, Während der Tafel hörte er einen Musikanten oder einen Vorleser. Im Genuß des Weins nahm er so mäßig, daß er beim Essen selten mehr als dreimal trank. Im Sommer nahm er nach der Mahlzeit etwas Obst zu sich und trank einmal, dann legt er Kleider und Schuhe ab, wie er es bei Nacht tat, und ruhte zwei bis drei Stunden.
Wenn Ihr euer Wissen über Luwig den Heiligen vertiefen wollt, dann kann ich euch die Biographie von Jacques Le Goff "Ludwig der Heilige" Verlag Klett-Kotta, 995! Seiten, ans Herz legen. Jacques Le Goff war Präsident der Hautes Etues en Siences Sociales in Paris und gehört zu den beudeutendsten Historikern Europas in der Tradition der Annales-Schule. 1994 erhielt er den Hegel-Preis der Stadt Stuttgart.
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