28. September 2012

Marie Antoinette in der Conciergerie


Rosalie Lamorliére, ein Kammerzofe, berichtet, wie sie die Königin in der Conciergerie bediente:

Am 1. August 1793 sagte Madame Richard am frühen Nachmittag, leise zu mir: „Rosalie, heute nach werden wir nicht zu Bett gehen; Sie werden auf einem Stuhl schlafen; die Königin soll vom Temple in dieses Gefängnis überführt werden.“ Und alsbald sah ich, wie sie Anweisung gab, General Custine aus dem Zimmer des Rates zu entfernen, um dort die Königin unterzubringen. Eiligst wurde ein Schließer zum Möbelhändler des Gefängnisses geschickt (Bertraud, wohnhaft Cour de la Saint Chapelle), um ein Gurtbett, zwei Matratzen, Ein Kopfkissen, eine leichte Decke und einen Nachtstuhl zu holen.
Diese wenigen Möbel wurden in das feuchte Zimmer, das Monsieur de Custine aufgab, gebracht; ein gewöhnlicher Tisch und zwei Stühle aus dem Gefängnis wurden dazu gestellt. So sah die Einrichtung aus, die dazu bestimmt war, der Königin von Frankreich zu dienen.
Gegen drei Uhr morgens war ich in einem Sessel ein geschlummert; plötzlich weckte mich Madame Richard in die ehemalige Zelle von Monsieur du Custine, die im äußersten Ende eines langen finsteren Korridors lag. Die Königin war schon gebracht worden. Viele Gendarmen standen draußen vor der Tür. Mehrere Offiziere und Beamte standen im Inneren des Zimmers und sprachen leise miteinander. Der Tag brach an
Anstatt die Eintragung der Königin in die Gefangenenliste in der Kanzlei links vom ersten Vestibül vorzunehmen, erfolgte sie in der Zelle. Als diese Förmlichkeiten erfüllt war, entfernten sich alle, und Madame Richard und ich blieben allein bei der Königin. Es war heiß. Ich bemerkte die Schweißtropfen, die der Königin vom Gesicht rannen. Sie wischte sie zwei- oder dreimal mit dem Taschentuch ab. Ihre Augen betrachteten mit Erstaunen die entsetzliche Kahlheit des Zimmers; sie richteten sich auch mit einiger Aufmerksamkeit auf die Hausmeisterin und mich. Danach stieg die König auf eine mit Stoff überzogenen Fußbank, die ich aus meinem Zimmer geholt hatte, hängte die Uhr an einen Nagel, denn sie in der Mauer entdeckt hatte, und begann sich zu entkleiden um zu Bett zu gehen. Ich näherte mich respektvoll und bot der Königin meine Dienste an. „Ich danke dir, liebes Mädchen“, antwortete sie ohne Verstimmung oder Stolz, „seitdem ich niemand mehr habe, bediene ich mich selbst.“
Während der ersten vierzig Tage hatte ich bei der Königin nichts zu tun. Ich ging nur mit Madame Richard oder deren Mann hin, um das Frühstück zu bringen, das um neuen Uhr serviert wurde, sowie das Mittagessen, das man gewöhnlich um zwei oder halb drei Uhr auftrug. Madame Richard deckte den Tisch, und ich blieb aus Bescheidenheit an der Tür stehen. Aber Ihre Majestät geruhte, Notiz von mir zu nehmen, und tat mir die Ehre an zu sagen: „Kommen Sie doch näher, Rosalie, haben Sie keine Angst!“
Einmal brachte Madame Richard ihr jüngstes Kind in die Zelle mit. Es war blond, hatte sehr hübsche blaue Augen und ein reizendes Gesicht, das einen viel höheren Stand entsprach. Es wurde Fanfan genannt.
Als die Köngin den hübschen kleinen Jungen sah, fing sie an zu zittern; sie nahm ihn in die Arme bedeckte sein Gesicht mit Küssen, liebkoste ihn und begann zu weinen. Sie sprach dabei vom Dauphin, der ungefähr im gleichen Alter war; sie dachte Tag und Nacht an ihn. Das bereitete ihr schrecklichen Kummer. Als wir wieder hinausgegangen waren, sagte Madame Richard zu mir, sie würde sich wohl hüten, ihren Sohn wieder mit in die Zelle zu nehmen.

25. September 2012

Charlotte Corday - am Weg zum Schafott


Der Deutsche, Klause schildert die Hinrichtung der Charlotte Corday, die Attentäterin, die Marat getötet hat.

Sie betrachtete mit unausprechlicher Sanftmut die flutende Menge; und als der Pöbel, darunter Gruppen von Rasenden, die sich als Weiber verkleidet hatten und sie mit Geschrei empfingen, zu toben begann, genügte oft ein Blick ihrer schönen Augen ihn zum Schweigen zu bringen. Ihr Lächeln war das einzige Zeichen, daß nach außen hin ihre Eindrücke verriet.
Als sie sich dem Schafott näherte, schien sie am Ziel einer ermüdenden Reise anzulangen. Sie war allein; ohne Unterstützung stieg sie die Stufen des Blutgerüstes empor, immer noch mit der Gesichtsfarbe eines zufriedenen jungen Mädchens. Nur als ihr Hals vor der Menge entblößt wurde, färbte ein tieferes Rot ihre jungfräulichen Wangen. Ihr edles Haupt, ihre nachten Schultern, der ruhige Blick, den sie umherschweifen ließ, machte den tiefsten Eindruck. Schon halb verklärt, schien sie ein Engel des Lichts. Freundlich grüßte sie das Volk, das um das Schafott herumstand, und wollte das Wort an die Menge richten. Man hinderte sie daran. Da trat sie an die Todesmaschine und legte selber den Kopf an den dafür vorgesehen Platz. Die Schneide fiel langsamer als gewöhnlich. Es herrschte ein feierliches Schweigen. Das furchtbare Eisen fiel und trennte das schönste aller Häupter ab.
Der Henkersknecht zeigte dem Volk das blutige Haupt, In den Zügen des Gesichts sah man noch deutlich die Spuren des Lächelns. Der Elende aber war so gemein, dieses Haupt zu ohrfeigen. Ein allgemeines Murren bestätigte das Wort: „ Das Gesetz bestraft, es rächt sich nicht.“ Sanson selber war empört, und das Polizeigericht verhängte über den schändlichen Legros die Strafe, die seiner gemeinen Handlung gebührte.

Der Körper wurde zur Carité gebracht. Zwei eigens dazu ernannte Mediziner untersuchten den Leichnam in Gegenwart eines Untearztes und zweier Mitglieder des Nationalkonvents. Einer von ihnen war der Maler David. Nach erfolgter Untersuchung erklärten die Anwesenden einstimmig, daß Charlotte Corday jungfräulich gestorben war.

16. September 2012

Leb wohl, meine Königin





Diese DVD möchte ich euch ans Herz legen. Sie erscheint ab 5 Oktober 2012 im deutschen Handel, und wird bei Ebay und Amazon erhältlich sein.
Ich werde erst die DVD für euch ansehen, und dann einen Kommentar abgeben. Aber was so auf den Ausschnitten zu sehen ist, ist der Film vielversprechend, und ich freue mich schon auf einen netten Videoabend mit Diane Krüger.

1. September 2012

Lord Sandwich


Neulich ist mir die Beschriftung eines kleinen Strassenlokal aufgefallen.





Was hier so hergestellt werden soll, hat meine Phantasie beflügelt, und ich hoffe auch die meiner Leser.


Lord John Montagu, 4. Earl of Sandwich wäre sicher belustigt, zu sehen wie sein Name nach so langer Zeit noch verunglimpft wird, den er hat mit der Geschichte des Sandwich wenig zu tun.


31. August 2012

September 1792 - die Ermordung von Prinzessin Lamballe


Das Vernehmungsprotokoll des Jacques-Charles Hervelin anlässlich der Beschuldigung das Herz der Prinzessin Lamballe geröstet und gegessen zu haben.
Daten des Beschuldigten: Jacques-Charles Hervelin, 41 Jahre alt, Tambour der Truppe der Sektion der Arcis, wohnhaft im Haus des Bürgerausschusses der genannten Sektion, und gebürtig aus Paris.



F: Ob er sich an irgendwelchen Orten von Paris befunden habe, wo es Unruhen gab.
A: Im September 1792, als er zufällig durch die Rue Saint- Antoine gegangen sei, habe er gegenüber der Force einen Haufen toter Körper gesehen, die ihn zittern machten, und sei auf einen Stein gestiegen, um zu sehen, und habe sich davongemacht. Als er ein paar Schritte weiter haben schreien hören: „Da ist die Prinzessin Lamballe!“, sei er zurück gekommen, um sich wieder auf den Stein zu stellen, und habe aus dem Gefängnis eine kleine weißgekleidete Frau kommen sehen; die Henker, bewaffnet mit allen möglichen Waffen, hätten sie totgeschlagen; er habe einen gewissen Forgeat bemerkt, Tambourmajpr der Gendarmerie, getötet in der Vendée, der den Kopf der besagten Frau abgeschlagen habe.
F: Was tat er darauf?
Er habe ihren Körper ohne Kopf bis zur Sainte-Marie schleifen sehen; er sei durch mehrere Straßen gelaufen, hinter dem Körper her, und am Ende der Rue Sainte-Maruerite sei bemerkt worden, daß sich unter der restlichen Kleidung die den Leichnam noch bedeckte, eine kleine Schwellung abgehoben habe,due untersucht wurde; man habe eine Brieftasche gefunden, und er sei von denen, die den Leichnam schleiften aufgefordert worden, sie an sich zu nehmen. Er habe sie zum Ausschuß der Sektion der Findelkinder gebracht, um den Inhalt feststellen zu lassen; während er bei dem Ausschuß gewesen sei, habe man den Leichnam aufgeschlitzt, und ein Individium sei zu dem Ausschuß gekommen und habe die Eingeweide in der Hand gehabt; dieser Mensch habe das Herz herausgerissen und es völlig aufgegessen; nachdem die Mitglieder des Ausschusses ihm die Brieftasche meit einer Aufstellung des Inhalts zurückgeben hätten, sei er darauf zur Generalversammlung seiner Sektion gelaufen, wo der Präsident, den er aber nicht kenne, sie geöffnet und die Geldstücke mit der Aufstellung verglichen habe, worauf er sie ihm zurückgegeben habe unter Billigung seines Verhaltens; er habe sich von da zur Gesetzgebenden Versammlung begeben; da die Sitzung aufgehoben war, habe er sich an der Kette an einen Saalwärter gewandt, der ihn zum Sicherheitsausschuss zurückgeschickt habe, wo er die Aufstellung mit der Brieftasche hinterlegte, er habe eine Quittung erhalten, die er aber verloren habe.
F: Was er darauf getan habe.
A: Ohne sich irgendwo aufzuhalten, habe er sich nach Hause begeben, Rue Saint.Germain-l´Auxerrois, wo er bis zum nächsten Tag geblieben sei..
F: Ob er bewaffnet war.
A: Er habe seine Dienstsäbel gehabt.
F: Ob er den Resten des Leichnams gefolgt sein.
A: Nein
F: Ob er bei irgendeinen Schankwirt eingekehrt sei, um sich zu erfrischen.
A: Er sei bei einem Schankwirt eingekehrt mit vier Individuen; er fürchtete, von ihnen ermordet zu werden, da er die Brieftasche trug.
F: Ob er den Schankwirt kenne
A: Nachdem er durch so viele Straßen gekommen sei, erinnere er sich nicht daran, aber er glaube, es sei im Marais gewesen.
F: Ihm vorgehalten, daß er sich widerspreche, da er soeben erklärt habe, er sei direkt zu seiner Sektion und von da zur Versammlung gegangen; da sein Weg über die Rue Antoine und la Grève, habe er nicht im Marais einkehren können.
A: Er sein von denen, die ihn zur Hinterlegung der Brieftasche begleitet hätten verschleppt worden; sie hätten den Wein bezahlt.
F: Ob er sich noch anderswo aufgehalten haben.
A: Nein aber beim Zurückkommen vom Sicherheitsausschuß, wo sie vier Huntersousscheine als Belohnung für Ihre Ehrlichkeit erhalten hätten, seien sie in der Rue Pretres l´Auserrois bei einem Schankwirt eingekehrt, wo sie ihr Geld ausgaben.
F: Ihm vorgehalten, daß er wieder die Unwahrheit sage, denn vorher habe er gesagt, er sei fortgegangen, ohne irgendwo einzukehren.
A: Dann entsinne er sich nicht mehr daran.
F: Ober auf seinem Weg nicht durch die Rue Michel-le-Comte gekommen sei.
A: Er kenne Paris nicht genügend, um sich daran zu erinnern
F: Ob er auf seinem Weg nicht einen Bürger angetroffen habe, der auf einem Stuhl stand.
A: Ja
F: Ob er wisse, was er gesagt habe.
A: Nein
F: Ob er in der Menge um diesen Mann nicht einen gesehen habe, der auf seiner Pike entweder den Kopf oder einen anderen Teil der oben Erwähnten trug.
A: Nein, aber er erinnere sich, daß er gerade ein Glas Bier bei einem Limodandenverkäufer in der Umgebung jenes Ortes getrunken habe; der Limonadenverkäufer haben ihn geholt; er habe in dem erwähnten Café niemand von seiner Bekanntschaft gefunden,außer den vier Individuen, die ihn zur Sicherstellung der Brieftasche begleiteten.

Fortsetzung folgt
Wer wissen will, wer  das Herz von Madame Lamballe  gegessen hat, erfährt in wenigen Tagen mehr.

29. August 2012

Il ritorno d’Ulisse mit den "Le Talens Lyriques" und Christophe Rousset


Christophe Rousset
Die Opernsaison 2012/13 wird mit Claudio Monteverdis Il ritorno d’Ulisse in patria eröffnet. Zehn Jahre lang hat der Titelheld Ulisse Troja belagert, zehn Jahre lang wurde seine Rückkehr in die Heimat durch den Zorn des Meeresgottes Nettuno verhindert. Seine Gattin Penelope hat im heimatlichen Ithaka bislang allen Freiern widerstanden. Je länger sich die Rückkehr des Gatten aber hinauszögert, umso aufdringlicher werden ihre Verehrer. Doch nachdem Ulisse endlich zurückkehren und sämtliche Nebenbuhler besiegen kann, weigert sich Penelope, in ihm den vermissten Gatten zu erkennen.

Regisseur Claus Guth setzt nach L’Orfeo mit Il ritorno d’Ulisse in patria seinen Monteverdi-Zyklus an der Wien fort, der französische Dirigent und Spezialist für Alte Musik Christophe Rousset leitet sein Ensemble Les Talens Lyriques. Der englische Bariton Garry Magee wird als Ulisse nach Jahrzehnten des Krieges und der Irrfahrt in seine Heimat zurückkehren. Delphine Galou verkörpert seine Gattin Penelope.

IL RITORNO D’ULISSE IN PATRIA

Dramma per musica in einem Prolog und drei Akten (1640)

Musik von Claudio Monteverdi
Libretto von Giacomo Badoaro,
nach den Gesängen XIII-XXIV aus der Odyssee von Homer

In italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

Musikalische Leitung Christophe Rousset
Inszenierung                Claus Guth
Ausstattung Christian Schmidt
Licht Bernd Purkrabek
Video Arian Andiel
Dramaturgie Konrad Kuhn

Ulisse Garry Magee
Penelope Delphine Galou
Telemaco Pavel Kolgatin
Melanto Katija Dragojevic
Eumete Marcel Beekman
Antinoo Igor Bakan
Iro Jörg Schneider
Giove Emanuele d’Aguanno
Nettuno / Il Tempo Phillip Ens
Minerva / Amore Sabina Puértolas
Giunone / La Fortuna Cornelia Horak
L’Umana fragilità Rupert Enticknap

Les Talens Lyriques

Neuproduktion des Theater an der Wien
Premiere: 7. September 2012
Aufführungen: 9. / 11. / 13. / 15. / 17. September 2012, 19.00 Uhr
Einführungsmatinee: Sonntag, 2. September 2012, 11.00 Uhr

26. August 2012

Casanova


Heute möchte ich meinen Lesern die letzte Casanova Verfilmung aus dem Jahr 2005 vorstellen.
Casanova wird gespielt von den unvergesslichen Heath Ledger, der unzweifelhaft ein großes Talent zum Komödianten hatte.
Die Handlung ist die kurze Zeitspanne des Karneval in Venedig. Wo der Höhepunkt der Geschichte auch Ihren Abschluss findet.
Casanova, verfolgte von der Inquisition, kann sich nur mit Mühe seines Lebens sicher sein und es gelingt ihn mit waghalsigen Fluchten über die Dächern von Venedig und mit der Unterstützung des Dogen, sein Leben zu retten.
An der Seite von Heath Ledger spielt die bezaubernde Sienna Miller, die die wahre Liebe von Casanova wird.
Der Film hat eine heitere und flotte Handlung. Es gibt Verfolgungsjagden, ulkige Folterszenen, eine wilde Kutschenfahrt, Duelle, eine Ballonfahrt bei Nacht, und toll ausgestattete Szenen beim Karneval von Venedig.
Die Dialoge sind, wenn sie nicht zu lange dauern, lustig und aber nicht immer klar verständlich.
Längere Dialoge leiden unter der schlechten Übersetzung ins deutsch.
Wer diesen Film als DVD ausleihen, oder kaufen sollte, bekommt ihn in drei Sprachversionen von der eine in französischer Sprache ist.
Der Film ist unterhaltsam aber historisch nicht korrekt und sehr weit von der Vorlage entfernt.
Aber die schauspielerische Leistung aller Mitwirkenden ist sehr harmonisch und man kann feststellen, daß alle beteiligten Darsteller ihren Spaß hatten.
Die alte Verfilmung von „Fellinis Casanova“ aus den Jahre 1976 mit Donald Sutherland, ist dagegen nur halb so unterhaltsam aber fast doppelt solange.
Donald Sutherland kommt meiner Meinung nicht in die Nähe eines Frauenhelden. Federico Fellini hatte immer schon einen Hang zu schrägen Figuren in seinen Filmen, deshalb empfehle ich diese Filmfassung nur ausgewählten Insidern.