Die Königin legte ihre Nachthaube ab,
setzte sich auf einen Stuhl und sagt in liebenswürdigen Ton:
„Rosalie, sie werden mir heute den Chignon* frisieren.“
Als der Hausmeister diese Worte hörte,
eilte er herbei, bemächtigte sich des Kamms und sagt sehr laut, in
dem er mich zurück stieß: „Lassen Sie, lassen Sie, das ist meine
Sache!“ Erstaunt und mit einer unbeschreiblich hoheitsvollen Miene
betrachtete die Köngin Lebeau. „Ich danke sehr“, sagte sie,
stand auf, rollte ihr Haar selbst ein und setzte die Haube auf.
Ihre Haartracht war, seitdem sie sich
in der Conciergerie befand, äußerst einfach; sie teilte das Haar
über der Stirn, nachdem sie etwas wohlriechendes Puder darauf
gestäubt hatte.
Madame Harel hatte ihr mit einem etwa
ellenlagen weißen Band das Haar am Ende zusammengebunden, machte
dann einen kräftigen Knoten und gab die beiden Enden des Bandes
Madame, die sie selber kreuzte und auf dem Kopf befestigte und so
ihrem (blonden und nicht roten) Haar die Form eines beweglichen
Chignon gab.
An dem Tag, da sie dem Hausmeister
Lebeau dankte und sich entschloss, von nun an ihr Haar selbst zu
machen, nahm ihre Majestät, die Rolle mit dem weißen Band, die sie
noch übrig hatte, vom Tisch und sagte mit trauiger und liebevoller
Miene, die mir bis auf den Grund der Seele: „Rosalie, nehmen Sie
dieses Band und bewahren Sie es als Andenken an mich.“ Mir kamen
die Tränen, und ich dankte Madame mit einem Knicks.
Als ich auf dem Korridor war nach mir
der Hausmeister das Band weg und sagte: „ Es tut mir sehr leid, daß
ich die arme Frau verstimmt habe, aber meine Stellung ist so
schwierig, daß ein Nichts mich zittern läßt!“
Am 2. August nachts, als die Königin
aus dem Temple gekommen war, hatte ich bemerkt, daß weder Wäsche
noch Kleider mitgekommen waren. Am nächsten Tag, und am folgenden
verlangte, die unglückliche Königin Wäsche, und Madame Richard,
die fürchtete, sich bloßzustellen, wagte nicht, ihr welche zu
leihen oder zu schenken, Endlich begab sich Michonis, der in seinem
Herzen ein anständiger Mensch war, zum Temple, und am zehnten Tag
wurde aus dem Temple ein Paket gebracht, das die Königin rasch
öffnete. Es enthielt schöne Batisthemden, Taschentücher,
Halstücher, Strümpfe aus Seide oder schwarzer Flockseide, ein
weißes Hauskleid für den Morgen, einige Nachthauben und mehrere
Bandenden von verschiedener Breite. Madame war gerührt, als sie
diese Wäsche sah, und sich zu Madame Richard und mir umwendend,
sagte sie: „An der Art, wie das alles sorgfältig hergerichtet ist,
erkenne ich die Aufmerksamkeit und Hand meiner armen Schwester
Elisabeth."
Als ihre Majestät ins Palais kam, trug
sie ihre große Trauerhaube, die Witwentracht. Eines Tages sagte sie
in meiner Gegenwart zu Madame Richard.: „Madame, wenn möglich,
hätte ich gern zwei Hauben statt einer, um wechseln zu können.
Hätten Sie die Gefälligkeit, meine Trauertracht Ihrer Schneiderin
anzuvertrauen? Ich glaube es wird genug Linon darin sein, um zwei
Négligéhauben zu machen.
Madame Richard führte den Auftrag der
Köngin ohne Schwierigkeiten aus, und als wir ihr die beiden neuen,
ganz einfachen Hauben brachten, schien sie zufrieden; und zu mir sagt
sie: „Rosalie, ich kann über nichts mehr verfügen; aber mit
Vergnügen gebe ich Ihnen, liebes Kind, diese Messingeinfassung und
Linonbatist, den die Schneiderin zurückgab.“
Ich verneigte mich bescheiden, um
Madame zu danken; und noch immer bewahre ich diesen Linonbatist auf,
den zu schenken sie mir die Ehre erwies.
Die Köngin litt unter einer großen
Entbehrung. Man hatte ihr alle Arten von Nadeln verweigert, und sie
liebte Beschäftigung und Arbeit sehr. Ich bemerkte, daß sie
manchmal grobe Fäden aus einem Tapezierstoff zog, der längs der
Mauern an Rahmen genagelt war. Aus den Fäden, die sie mit der Hand
polierte, machte sie sehr glattes Schnürband, wobei das Knie als
Kissen diese und einige Stecknadeln als Nadeln.
Rosalie Larmorlière, Kammerzofe der
Königin in der Conciergerie
* Chinon - das Haar hoch gesteckt tragen.
* Chinon - das Haar hoch gesteckt tragen.
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